Giftanschlag Diplomatische Eiszeit zwischen London und Moskau

London · Britischen Behörden veröffentlichen neue Beweise im Fall des Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter.

 Fahndungsbild der beiden Verdächtigen.

Fahndungsbild der beiden Verdächtigen.

Foto: dpa

Das idyllische Städtchen Salisbury war nach dem Giftgasanschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia, nach all dem Medienrummel und den Untersuchungen von Chemiewaffenexperten gerade erst wieder zur Ruhe gekommen. Nun steht der beschauliche Ort erneut im Fokus. Die Polizei hat am gestrigen Mittwoch Fahndungsfotos von zwei Verdächtigen veröffentlicht, bei denen es sich laut Premierministerin Theresa May um russische Agenten handelt. Sie seien Mitglieder des Militärgeheimdienstes GRU und hätten höchstwahrscheinlich im Auftrag der Regierung in Moskau gehandelt, sagte sie vor dem Parlament.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen London und dem Kreml verharren ohnehin seit Monaten auf einem Tiefpunkt. Die neuen Hinweise dürften die Spannungen nun weiter anheizen. Die Briten hatten bereits vor Monaten Moskau für die Attacke verantwortlich gemacht, was eine Krise zwischen Russland und dem Westen auslöste.

Das Königreich, aber auch die USA, Deutschland und weitere Verbündete wiesen in der Folge insgesamt mehr als 140 russische Diplomaten aus. Und wie schon in der Vergangenheit wählte May gestern vor den Abgeordneten abermals klare Worte. Bei dem Anschlag handele es sich nicht um eine auf eigene Faust geplante Tat von Kriminellen. Die Operation sei vielmehr „nahezu sicher von höherer Stelle im russischen Staat abgesegnet“ worden, so die Regierungschefin, die Moskau „Verschleierung und Lügen“ vorwarf.

Kreml kennt die Männer nicht

Der Kreml bestreitet jegliche Verwicklung. Man kenne die Männer auf den von Scotland Yard veröffentlichten Fahndungsfotos nicht und auch die Namen „sagen uns nichts“, meldete sich die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, zu Wort. Vielmehr solle London auf das „Manipulieren von Informationen“ verzichten.

Dabei handelt es sich um eine detaillierte, beinahe minuziöse Beschreibung des Tatwochenendes inklusive zahlreicher Bilder von Überwachungskameras, die die britischen Ermittler gestern veröffentlichten. Sie werteten mehr als 11 000 Stunden Videomaterial aus und gingen 1400 Aussagen nach.

Ihnen zufolge landeten die Verdächtigen am 2. März, zwei Tage vor der Attacke, am Londoner Flughafen Gatwick, nutzten zur Einreise ins Königreich aber wohl Pässe unter den falschen Namen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow. Den Männern, die auf etwa 40 Jahre geschätzt werden, wird dreifacher versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und der Besitz des chemischen Kampfstoffs Nowitschok vorgeworfen.

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