Amtsenthebungsklage im Weißen Haus Impeachment gegen Donald Trump spaltet die USA

Washington · Das Impeachmentverfahren gegen US-Präsident Donald Trump vertieft die Spaltung der Vereinigten Staaten. Das Verfahren ist eine öffentliche Demütigung für Trump.

 Donald Trump, Präsident der USA, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung.

Donald Trump, Präsident der USA, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung.

Foto: dpa/Paul Sancya

Den Makel wird er nicht wieder los. Das Wort Impeachment wird an Donald Trump kleben wie ein Etikett, das sich nicht mehr abziehen lässt. Es ist eine öffentliche Demütigung, gerade für ihn, der so oft in prahlerischen Tweets wissen lässt, dass keiner seiner Vorgänger den Job im Weißen Haus auch nur annähernd so gut gemacht hat wie er. Indem das Repräsentantenhaus für eine Amtsenthebungsklage stimmte, hat es einen Präsidenten in seinem Ego gekränkt.

Natürlich bedeutet das nicht, dass Trump nun auf seinen Abgang zusteuert. Die republikanischen Senatoren werden ihn dank ihrer Mehrheit vor dem Absturz bewahren, wenn im neuen Jahr das eigentliche Verfahren ansteht. Und dass ein Impeachment nicht zwangsläufig zu Popularitätsverlust führen muss, hat man im Falle Bill Clintons gesehen. Der schwang sich nach dem Freispruch im Senat zu neuen Höhenflügen auf, um schließlich als erfolgreicher Präsident in wirtschaftlich günstigen Zeiten in die Geschichtsbücher einzugehen.

Der Meineid nach der Sexaffäre mit Monica Lewinsky, der ihn erst einem Impeachment aussetzte, hat zwar Kratzer am Lack hinterlassen, die Marke Clinton aber nicht auf Dauer beschädigt. Gut möglich, dass sich das Ganze bei Trump wiederholt. Dass er im November das Präsidentschaftsvotum gewinnt und bis Januar 2025 im Oval Office regiert. Amtsinhaber haben in aller Regel gute Karten, jedenfalls dann, wenn der Konjunkturmotor brummt.

Trump will trotz Klage wiedergewählt werden

Allerdings hinkt der Vergleich. Zum einen, weil Clinton damals, in seiner zweiten Amtszeit, nicht wiedergewählt werden konnte, während Trump trotz der Klage gegen ihn die Wiederwahl anstrebt. Zum anderen, weil Welten liegen zwischen den Jahren 1998 und 2019. Clinton war ein Brückenbauer, rund um den Globus darum bemüht, Konflikte zu entschärfen, so wie er im eigenen Land Kompromisse schmiedete. Trump spaltet, statt sich um Versöhnung zu bemühen. Das Wort Kompromiss hat keinen Platz in seinem Vokabular. Oder anders, zugespitzter formuliert: Donald Trump spiegelt das Dilemma eines Landes, dessen Bürger alle vier Jahre die Klage anstimmen, dass es immer schlimmer werde mit der Polarisierung, um dann einem Kandidaten den Zuschlag zu geben, der noch stärker polarisiert. Die Risse, die quer durch die Vereinigten Staaten verlaufen, sind 2019 noch tiefer, als sie es 1998 schon waren. Wenn es dafür eines Beweises bedurft hätte, die Abstimmung in der Nacht zum Donnerstag hat ihn geliefert.

230 gegen 197 Stimmen pro Impeachment wegen Amtsmissbrauchs: Bei den Demokraten waren es gerade mal drei Abgeordnete, die aus der Phalanx ausscherten, bei den Republikanern war es kein einziger. Die scheinbar endlose Debatte vor dem Votum beschränkte sich darauf, Altbekanntes zu wiederholen, buchstäblich bis zur Ermüdung. Die Demokraten erklärten Trump zur Gefahr für die Demokratie, die Republikaner sprachen vom Putschversuch einer verzweifelten Opposition gegen einen demokratisch Legitimierten. Um noch einmal zurückzublenden: Als Clintons Amtsenthebung zur Diskussion stand, gab es durchaus auch Zwischentöne, gingen Parteifreunde auf Distanz, statt bedingungslos einen Verteidigungswall um „ihren Mann“ zu bilden. In der Trump-Partei, zu der die einst so stolze „Grand Old Party“ verkommen ist, zählt allein die Lagerdisziplin. Ein Seitenwechsel gilt als Verrat, unabhängig von der Faktenlage.

Die logische Folge ist eine Schlacht der Argumente, bei der sich der Eindruck aufdrängt, als wäre jede Seite in ihrem jeweiligen Paralleluniversum zu Hause. Etwa die Hälfte der Amerikaner hält die Amtsenthebung für angemessen, während die andere Hälfte dagegen ist. An den Umfragewerten hat sich praktisch nichts geändert, seit im November die öffentlichen Anhörungen der Zeugen der Ukraine-Affäre begannen. Es scheint, als höre keine der beiden Mannschaften der anderen auch nur zu. Als ginge es nur darum, die eigenen Gewissheiten bestätigt zu finden. Für das herbstliche Wahlkampffinale lässt die politische Grabenlandschaft nur eines erwarten, eine auf die Spitze getriebene Polemik. Wird Trump vom Senat freigesprochen, wird er sich in der Pose des Volkshelden feiern, des Rebellenführers, der den Seilschaften der alten Elite einmal mehr die Stirn geboten hat. Er wird sich ermuntert fühlen, mindestens genauso scharf wie bisher gegen den „Sumpf“ des Establishments zu wettern. Das mit dem Brückenschlag wird wohl noch einmal vier Jahre, mindestens, warten müssen.

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