Die Obamas beschwören das Wir-Gefühl Ehemalige First Lady Michelle Obama startet Podcast

Die ehemalige First Lady Michelle Obama startet einen Podcast. Ihr erster Gesprächspartner ist ihr Ehemann Barack Obama.

 Barack Obama, ehemaliger Präsident der USA, und Michelle Obama, ehemalige First Lady.

Barack Obama, ehemaliger Präsident der USA, und Michelle Obama, ehemalige First Lady.

Foto: dpa/Charles Rex Arbogast

Als Michelle Robinson in Chicago heranwuchs, war es schon ein kleiner Luxus, wenn ihr die Eltern sonntags ein Waffeleis kauften. Fragte sie dann, ob stattdessen vielleicht ein Eisbecher mit Erdbeeren drin wäre, bestand die Antwort in hochgezogenen Augenbrauen und einem strengen „Never satisfied!“ Sollte heißen, dass sie offenbar mit nichts zufrieden sei, dass sie immer mehr wolle, rein materiell gesehen.

Mit dem „Never satisfied!“, erzählt die erste schwarze First Lady in der Geschichte der Vereinigten Staaten, sei sie groß geworden. In einem Elternhaus, das auf die Bildung der Kinder entschieden mehr Wert legte als auf materiellen Besitz, weshalb es ihr Vater, beschäftigt bei den städtischen Wasserwerken, immer abgelehnt habe, ein Eigenheim zu kaufen. Die Mutter wiederum handelte nach dem Grundsatz, dass man nicht in einem Vakuum lebe, sondern in einer Gemeinschaft von Menschen, um die man sich zu kümmern habe.

Leute, denkt auch an die anderen! Es ist der rote Faden, der sich durch einen Podcast zieht, mit dem sich Michelle Obama in den Wahlkampf einmischt, ohne den Wahlkampf auch nur zu erwähnen. Es sollte, so hatte es die 56-Jährige vorab angekündigt, um zwischenmenschliche Beziehungen gehen, um den Wert derselben, um ehrliche Gespräche darüber. Demnächst sind Bruder Craig, Mutter Marian und die Comedy-Ikone Conan O’Brien an der Reihe. Den Anfang aber machte, wie konnte es anders sein, Gatte Barack.

Beide, Michelle wie Barack, haben nach acht Jahren im Weißen Haus ein Vermögen gescheffelt. Ihrer neunteiligen Podcast-Reihe wiederum liegt ein lukrativer Deal zwischen dem Streaming-Riesen Spotify und Higher Ground, der Filmproduktionsfirma des Ehepaars Obama, zugrunde.

Egal, da Amerika den Neid auf den Erfolg von Erfolgreichen nicht wirklich kennt, hält sich die Kritik an vermeintlicher Scheinheiligkeit in engen Grenzen. Und als begnadete Geschichtenerzähler sind die Obamas viel zu locker, als dass auch nur der Gedanke an den schulmeisterlich erhobenen Zeigefinger aufkommen könnte. Jedenfalls beklagten beide zum Auftakt jenes „Ich, ich, ich“, das die US-Gesellschaft heute so präge.

Noch vor vierzig Jahren hätten andere Werte gegolten – Teamgeist, Sich-Einbringen, Teilen. Dahin gelte es zurückzukehren, zumal es ja viel mehr Spaß mache, ein Leben im Wir-Gefühl zu leben. Dass die Corona-Epidemie zwischen Los Angeles und Miami auch deshalb so wütet, weil zu viele glauben, keine Rücksicht auf andere nehmen, sich an keinerlei Regeln halten zu müssen, spießt der Altpräsident auf die elegante Tour auf. Ohne die Moralkeule zu schwingen. Und Trumps Krisenmanagement? „Wozu man eine Regierung braucht, merken die Leute erst, wenn die Regierung nicht funktioniert. So wie jetzt.“

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