Henker aus IS-Enthauptungsvideos identifiziert Ein ganz bürgerlicher Terrorist

WASHINGTON · Die Gesichtsmaske, hinter der sich der aus grausamen Videos bekannte Henker der islamistischen Terrormiliz IS verbirgt, nutzt ihm ab sofort nicht mehr.

Nach Recherchen der "Washington Post" handelt es sich um den britischen Staatsbürger Mohammed Emwasi. 27 Jahre alt. Gebürtig im Ölscheichtum Kuweit. Aufgewachsen in einem soliden Mittelschichthaushalt im Londoner Stadtteil Queen's Park. Abschluss an der Universität von Westminster in Computertechnik. Geheimdienstkreise in Washington bestätigten gestern inoffiziell die Richtigkeit der Angaben.

Sie widersprechen der gängigen Erzählung über die tiefe gesellschaftliche Entwurzelung vieler IS-Kämpfer, die es aus prekären Verhältnissen in Europa nach Syrien verschlagen habe. "Emwasi war nach allem, was bisher bekannt ist, kein Außenseiter ohne Perspektive", sagte ein Terror-Forscher im US-Fernsehen.

"Dschihadi John", wie ihn Geiseln des IS nannten, tauchte zum ersten Mal im vergangenen August in dem Propaganda-Video auf, das die Enthauptung des amerikanischen Journalisten James Foley (39) zeigte.

Das gleiche Schicksal, stets mit "Dschihadi John" im Bild, ereilte weitere Geiseln wie Steven Sotloff (ebenfalls Journalist), David Haines (Entwicklungshelfer), Alan Henning (Taxifahrer), Peter Kassig (Entwicklungshelfer) und zuletzt die Japaner Haruna Yukawa und Kenji Goto.

Nach Recherchen der "Washington Post" startete die Radikalisierung Emwasis mit einem schiefgelaufenen Ausflug nach Afrika. Nach der Uni wollte der in seinem Freundeskreis für höfliches Benehmen und elegante Kleidung bekannte junge Mann gemeinsam mit anderen, darunter einem deutschen Islam-Konvertiten namens Omar, auf Safari in Tansania gehen.

Stattdessen wurden sie bei der Einreise in Daressalam aus unbekannten Gründen festgesetzt und nach Europa abgeschoben. In Amsterdam wurde Emwasi vom britischen Geheimdienst MI 5 empfangen und beschuldigt, mit der somalischen Terrorgruppe Al-Shabab zu sympathisieren.

2010 kehrte Emwasi Großbritannien den Rücken, nahm in Kuweit eine Stelle bei einer Computerfirma an und bereitete seine Hochzeit vor. Bei einem Abstecher nach London wurde er erneut von britischen Behörden festgesetzt, erkennungsdienstlich behandelt und an der Weiterreise nach Kuweit gehindert. Einem Bekannten, der die "Washington Post" mit E-Mails versorgt hat, sagte Emwasi, er fühle sich in London seines Lebens beraubt und "wie in einem Gefängnis". Wenige Monate später verliert sich seine Spur.

Unklar bleibt vorläufig, warum die Identität des Mannes, für dessen Ergreifung US-Stellen eine Belohnung von zehn Millionen Dollar ausgesetzt haben, erst jetzt öffentlich wurde. FBI-Chef James Comey hatte bereits im vergangenen Herbst gesagt, man wisse, wer der Mörder von James Foley sei.

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