Treffen mit Merkel und Macron Erdogan plant Flüchtlings-Gipfel

Istanbul · Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will Angela Merkel und Emmanuel Macron treffen. Bis zum 26. März sollen Grundzüge eines neuen Abkommens in der Flüchtlingskrise stehen.

 „Konstruktive und positive Gespräche“: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (l.) mit EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel.

„Konstruktive und positive Gespräche“: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (l.) mit EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel.

Foto: dpa/Virginia Mayo

Vor einigen Tagen hat er noch auf die Europäer geschimpft – jetzt will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit ihnen über einen raschen Ausweg aus der Flüchtlingskrise reden. Am kommenden Dienstag werde er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Istanbul zusammenkommen, sagte Erdogan auf dem Rückflug von seinem Besuch in Brüssel am Montagabend. Der britische Premierminister Boris Johnson werde möglicherweise auch teilnehmen. Bei dem Gipfel soll es um die Lastenverteilung in der Flüchtlingskrise und um die Lage in Syrien gehen. Erdogans Außenminister Mevlüt Cavusoglu signalisierte die Bereitschaft Ankaras, das Flüchtlingsabkommen mit der EU aus dem Jahr 2016 im Rekordtempo zu erneuern. Bis zum nächsten EU-Gipfel am 26. März könnten die Grundzüge eines neuen Deals stehen, sagte Cavusoglu. Die Grenzöffnung für Flüchtlinge will Erdogan vorerst aber nicht zurücknehmen – um weiter Druck auf Europa machen zu können.

„Konstruktiv und positiv“ seien Erdogans Gespräche mit der neuen EU-Führung am Montag verlaufen, sagte Cavusoglu. In Brüssel hatte Erdogan zwei Stunden lang mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel konferiert. Cavusoglu und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sollen nun klären, wie das Flüchtlingsabkommen von 2016 fortgeschrieben werden kann.

Neue Finanzzusagen der EU gab es für die türkische Seite in Brüssel nicht, doch die Europäer hatten bereits vorher angedeutet, dass sie bereit sind, über den bisherigen Rahmen von sechs Milliarden Euro hinaus neues Geld in die Türkei zu schicken – wenn die Türkei die Grenze wieder schließt. Doch das lehnt Erdogan zumindest derzeit ab. Vielmehr solle Griechenland die Flüchtlinge in den Rest der EU durchlassen, sagte der türkische Präsident vor mitreisenden türkischen Journalisten auf dem Rückflug von seinen Gesprächen in Brüssel.

Allerdings hat Erdogans Regierung ihre Haltung in der Frage der Grenzöffnung relativiert. Sie lässt keine Überfahrten von Flüchtlingen über die Ägäis nach Griechenland mehr zu, und der Zustrom von Flüchtlingen an die Landgrenze mit Griechenland hat deutlich nachgelassen. Inzwischen würden den Flüchtlingen an der Grenze kostenlose Busreisen zurück in ihre Wohnorte in der Türkei angeboten, berichtete eine Delegation der Istanbuler Anwaltskammer nach einem Besuch in der Region am Wochenende.

Trotzdem werden die anstehenden Verhandlungen nicht einfach. Erdogans Regierung verlangt unter anderem Reisefreiheit für ihre Bürger in der EU und eine Ausweitung der Zollunion zwischen der Türkei und Europa. Beides hatte die EU bereits beim Abkommen von 2016 zugesagt, aber dann nicht umgesetzt, weil Ankara aus EU-Sicht die erforderlichen Kriterien nicht erfüllt hat. Bei den Gesprächen in den kommenden Wochen werden diese Themen zentrale Rollen spielen. So lange Erdogan die Flüchtlinge weiter an die Grenze lässt, wird das EU-Mitglied Griechenland keinen Zugeständnissen an die Türkei zustimmen.

Dass der türkische Präsident sich ausgerechnet jetzt auf die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit Europa besinnt, hat mehrere Gründe. Zum einen hat sich Erdogan schlicht verzockt: Die Öffnung der Grenze hat nicht die von ihm erhoffte Wirkung gehabt, weil Griechenland die allermeisten Flüchtlinge abfangen konnte und die volle Unterstützung der EU für diese harte Linie erhielt. Zum anderen führte Erdogans Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vergangene Woche der türkischen Regierung vor Augen, dass der Kremlchef im Syrien-Konflikt weniger Rücksicht auf Ankara nimmt als in den vergangenen Jahren. Erdogan braucht deshalb wieder mehr Unterstützung aus dem Westen.

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