Nach Kandidaten-Wahl Erste Spannungen bei französischen Sozialisten

Paris · Die Sozialisten Frankreichs haben mit Benoît Hamon einen Spitzenkandidaten für die Präsidentenwahl. Von Harmonie ist aber keine Rede. Die erste Warnung kommt von Regierungschef Cazeneuve.

 Benoît Hamon liegt klar vor Ex-Premier Manuel Valls.

Benoît Hamon liegt klar vor Ex-Premier Manuel Valls.

Foto: Francois Mori

Nach der Kür des Radikallinken Benoît Hamon zum Präsidentschaftskandidaten der französischen Sozialisten kommt es in seinem Lager zu Spannungen. Premierminister Bernard Cazeneuve warnte mit deutlichen Worten vor einem Bruch mit der bisherigen Regierungsarbeit.

Falls die Linke die Bilanz der fünfjährigen Amtszeit von Präsident François Hollande nicht vertrete, werde sie keinen Erfolg haben, sagte Cazeneuve nach einem Treffen mit Hamon. "Wir haben allen Grund, stolz auf die Fortschritte zu sein (...)", sagte der Premier, der zum rechten Flügel der Partei gezählt wird.

Nach der Wahl Hamons waren Befürchtungen laut geworden, die Regierungspartei könnte auseinanderbrechen. Der 49-Jährige machte mit weitgehenden Forderungen Furore. So will er die höchst umstrittene Arbeitsmarktreform zurückdrehen, die von Cazeneuves Amtsvorgänger Manuel Valls im vergangenen Jahr durchs Parlament gepeitscht wurde.

Hamon setzte sich am Sonntag in der entscheidenden Runde der Linken-Vorwahl mit knapp 59 Prozent klar gegen seinen Konkurrenten Valls durch. Valls erhielt gut 41 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Hollande tritt nicht mehr an. In Umfragen für die erste Runde der Präsidentenwahl im April liegen derzeit die Rechtspopulistin Marine Le Pen, der Konservative François Fillon und der unabhängige Bewerber Emmanuel Macron vorn.

Hamon sagte nach dem Treffen mit Cazeneuve, man müsse sich von Lösungen der Vergangenheit verabschieden. Seine Haltung gegenüber der Arbeitsmarktreform habe sich nicht geändert. "Wir sind politische Verantwortliche, die unsere Meinungsunterschiede kennen."

Er will auf längere Sicht mit riesigem Aufwand ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen. Die Kosten dafür werden auf 300 bis 400 Milliarden Euro im Jahr geschätzt - was ungefähr einem kompletten französischen Staatshaushalt entspricht.

Der frühere Bildungsminister bekam Rückenwind von einer neuen Umfrage für die Zeitung "Le Figaro". Demnach könnte er bei der Präsidentenwahl im April mit einem Stimmenanteil von 15 Prozent zum "vierten Mann" aufsteigen. Damit hätte der sozialistische Bewerber bessere Aussichten als bislang angenommen. Hamon würde nach diesem Szenario noch vor dem Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon liegen, der auf zehn Prozent veranschlagt wird.

Kommentatoren erwarten, dass Spitzenpolitiker der Parti Socialiste mit sozialdemokratischer Ausrichtung in das Lager Macrons wechseln könnten, der an der Spitze der von ihm gegründeten Bewegung "En Marche!" steht. So hatte die einflussreiche Energie- und Umweltministerin Ségolène Royal bereits Sympathien für den Ex-Wirtschaftsminister erkennen lassen.

Rund zwei Millionen Wähler beteiligten sich an der Stichwahl der Sozialisten, das waren deutlich mehr als im ersten Wahlgang eine Woche zuvor.

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