Interview mit Virologe Christian Drosten "Es gibt keinen Grund für irgendeine Panik hier vor Ort"

BONN · Es kann nicht passieren." - "Es ist absolut unwahrscheinlich." - "Es ist praktisch ausgeschlossen." Im Falle Ebola gibt es viele Varianten der einen Aussage: In Deutschland kann keine Ebola-Epidemie ausbrechen. Aber was, wenn hier, in Deutschland, in Bonn, ein Mensch an Ebola erkrankt?

 Christian Drosten ist seit 2007 Universitätsprofessor und Leiter des Instituts für Virologie der Medizinischen Fakultät der Uni Bonn.

Christian Drosten ist seit 2007 Universitätsprofessor und Leiter des Instituts für Virologie der Medizinischen Fakultät der Uni Bonn.

Professor Christian Drosten (42), Chef des Instituts für Virologie an der Bonner Universitätsklinik, sprach darüber mit Tina Stommel.

Kann es passieren, dass ein mit Ebola Infizierter in Bonn ankommt?
Christian Drosten: Das ist sehr unwahrscheinlich. Zum einen gibt es keine Direktflüge mehr aus der Epidemieregion nach Deutschland. Bei der Befragung von Patienten gibt es dann klare Kriterien. Es muss eine ganz spezielle Reise-Vorgeschichte vorliegen, die eine Infektion möglich erscheinen lässt: Der Betreffende muss direkt in Kontakt mit den Körperflüssigkeiten eines Ebola-Patienten gekommen sein - also mit Blut, Speichel, Schweiß oder Urin. Er müsste dazu meistenteils in einem Krankenhaus gewesen sein. Es ist ja nicht so, dass in Sierra Leone die Ebolakranken wie in einem Horrorfilm durch die Straßen laufen. Die Krankheit ist äußerst selten.

Nehmen wir den unwahrscheinlichen Fall an, dass ein Mensch in Afrika Kontakt mit Erkrankten hatte und zur Notaufnahme der Bonner Uniklinik kommt.
Drosten: Dort sind wir gegen infektiöse Erkrankungen ausgerüstet. Der Patient wird im Moment der Verdachtsdiagnose isoliert. Wir verfügen in Bonn über die nötige Schutzkleidung für unser Personal. Das sind nicht die Astronautenanzüge, die man von Bildern kennt, aber zur Erstversorgung und Entnahme einer Blutprobe reicht der Schutz aus.

Was passiert mit der Blutprobe?
Drosten: Sie wird direkt analysiert - das geht zwar nicht in jeder Klinik, ist aber in der Bonner Uniklinik möglich. Wir haben hier eine Krankenhaushygienekommission und es ist immer ein Oberarzt anwesend, der in der Lage ist, eine Infektion zu diagnostizieren: Ebolaverdacht ja oder nein.

Wie lange dauert die Erstdiagnose im Labor?
Drosten: Zwei Stunden etwa. Das Bonner Gesundheitsamt wäre von Anfang an involviert, also schon mit Aussprechen der Verdachtsdiagnose.

Was passiert als nächstes?
Drosten: Die Blutprobe wird an das Hamburger Tropeninstitut geschickt. Dort holen wir uns die Bestätigung unserer Erstdiagnose.

Was ist mit Kontaktpersonen des Patienten?
Drosten: Diese werden vom Gesundheitsamt kontaktiert und für drei Wochen überwacht. Dies ist die Dauer der Inkubationszeit. Personen, die nicht zuverlässig eine Heimisolation durchführen können, kann das Gesundheitsamt auch zur Überwachung in ein Krankenhaus einweisen. In allen Fälllen würden die betroffenen Personen täglich untersucht, um zu überprüfen, ob Fieber aufgetreten ist. Wer kein Fieber hat, ist nicht erkrankt und auch nicht infektiös für andere.

Wie geht es weiter?
Drosten: Sobald wir die Bestätigung unserer Diagnose aus Hamburg haben, wird der Patient in ein Behandlungszentrum gebracht. Das nächste von uns ist ganz in der Nähe in Düsseldorf, außerdem käme noch Frankfurt in Frage.

In Deutschland stehen 50 Betten für Ebola-Infizierte zur Verfügung. Reicht das aus?
Drosten: Es ist absolut unwahrscheinlich, dass wir in Deutschland 50 Fälle bekommen. Es gibt keinen Grund für irgendeine Panik hier vor Ort. Ebola in Afrika ist etwas völlig anderes als Ebola hier. Wir haben hier ein Gesundheitssystem auf extrem hohem Niveau.

Zur Person

Christian Drosten studierte Medizin an der Universität Frankfurt/Main. Er wurde Assistenzarzt in der Virologie des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin und 2005 Leiter der Virologie. Seit 2007 ist er Universitätsprofessor und Leiter des Instituts für Virologie der Medizinischen Fakultät der Uni Bonn. Er ist Mitglied des internen Beirates des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung.

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