Sanktionen mindestens bis Jahresende EU rückt gegen Moskau zusammen

BRÜSSEL · Die europäische Regie hätte das Zusammentreffen wohl kaum besser arrangieren können: Während die Staats- und Regierungschefs im Ratsgebäude auf der einen Straßenseite im Brüsseler EU-Viertel über ihren Kurs gegenüber Moskau berieten, tagten direkt gegenüber in den Räumen der Kommission die Unterhändler Moskaus und Kiews, um die schleppenden Gasverhandlungen in Gang zu bringen.

 Die Vereinbarung von Minsk soll ein Erfolg werden: Die EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.

Die Vereinbarung von Minsk soll ein Erfolg werden: Die EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.

Foto: dpa

Zwar hatten im Vorfeld einige Mitgliedstaaten Zweifel daran geäußert, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland noch weiter aufrechtzuerhalten. Doch am Ende blieb man bei der scharfen Linie: Ohne feststellbaren Erfolg bei der Umsetzung des Minsker Abkommens wird es keine Rücknahme der Strafen geben. "Wir wollen, dass Minsk ein Erfolg wird und werden deshalb den Druck erst mindern, wenn das sichergestellt ist", hieß es am Ende aus dem Umfeld der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.

Das Abkommen in Minsk steht für den Abzug aller schweren Waffen, Gefangenenaustausch, Wiederaufnahme der Sozialleistungen in der Ostukraine, vor allem aber für völlige Waffenruhe.

Damit nicht genug. Die Politik des Kreml bewirkte ein engeres Zusammenrücken, gerade auch in Fragen der künftigen Energieversorgung. Schluss mit der Kleinstaaterei, heißt das Ziel. Wer will, kann sich unter Leitung der Kommission einer Einkaufsgemeinschaft für Gas anschließen. Der erste Versuch, Leitungen in beide Richtungen nutzen zu können (im Winter hatte die EU Gas in die Ukraine gepumpt), war erfolgreich. Das will man fortsetzen.

Zwar wandten die tschechische, slowakische und ungarische Regierung ein, man solle den russischen Gazprom-Konzern nicht verärgern. Doch am Ende sprachen sich alle Staats- und Regierungschefs für eine echte Energieunion aus, um sich aus der energiepolitischen Erpressbarkeit durch Moskau lösen zu können.

"Europa hat in diesen außenpolitischen Fragen eine große Geschlossenheit", unterstrich Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Abschluss des zweitägigen Brüsseler Gipfels. Dies ist tatsächlich überraschend. Lange Jahre waren die Staaten gerade in Fragen der Außenpolitik nicht in der Lage, mit einer Stimme zu sprechen.

Das ist inzwischen anders. "Viele Jahre lang haben wir alleine in Afrika gestanden", hieß es aus der französischen Delegation. Paris war es, das Truppen in die Unruheregionen Malis und auch Libyens geschickt hatte - ohne EU. "Jetzt bewegt sich Europa." Vor allem der Bürgerkrieg in Libyen sorgt für große Unruhe, ist er doch eine Ursache für den Exodus, der an Europas Küsten brandet. Bei diesem Gipfel gab es erstmals erkennbare Bereitschaft, sich an einem Friedenseinsatz zu beteiligen.

"Libyen grenzt an Europa", betonte Merkel. "Die Sicherheitslage hat sich überall geändert. Das gilt für die Ukraine, aber eben auch für die südlichen Grenzen der Union", ergänzte Finnlands Regierungschef Alexander Stubb. Die Angst vor den Terroristen des Islamischen Staates, die in Europa immer häufiger Anschläge verüben, bringt die Union zusammen.

Dass zur Prävention auch wirtschaftliche Erfolge nötig seien, wurde ein ums andere Mal herausgestellt. Schließlich wolle man vermeiden, dass junge Menschen in den Mitgliedstaaten der terroristischen Propaganda verfallen, weil sie keine soziale Perspektive hätten. Dabei gibt es - abgesehen von Griechenland - durchaus erkennbare Erfolge. Vor allem Spanien und Portugal präsentierten dem EU-Gipfel erstmals wieder positive Wachstumszahlen, die allerdings noch ohne Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind.

Irland, noch bis vor kurzem eines der Länder unter dem Rettungsschirm, konnte sogar mit einem Plus von knapp fünf Prozent den höchsten Zuwachs innerhalb der EU vermelden. "Das Rettungsprogramm funktioniert, wenn man es ernstnimmt", sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, vor den Staats- und Regierungschefs. Aber wirklich zufrieden war auch er nicht. "Die Mitgliedstaaten sind in der Pflicht, die Reformen einzuleiten und umzusetzen", mahnte er. Er dürfte dabei nicht nur Griechenland im Sinn gehabt haben.

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