Krise am Golf Europa will zwischen dem Iran und USA vermitteln

Istanbul · Am Sonntag findet ein Krisentreffen zur Rettung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran in Wien statt. Europa kann den Weg zu Verhandlungen zwischen Iran und den USA ebnen. Zu viel mehr wird es aber nicht reichen.

In der Iran-Krise stecken die europäischen Staaten zwischen Washington und Teheran in der Klemme. Trotzdem wollen die Europäer bei einem Krisentreffen zur Rettung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran an diesem Sonntag in Wien versuchen, sich als Vermittler ins Spiel zu bringen und den Konflikt zu entschärfen. Die Erwartungen sind gering, aber Signale aus dem Iran und den USA legen nahe, dass die Mission nicht völlig aussichtslos ist.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien – genannt die E3 – wollen das Abkommen mit dem Iran aus dem Jahr 2015 trotz des Ausstiegs der USA erhalten und einen iranisch-amerikanischen Krieg verhindern. Ein Konflikt am Golf könnte die europäische Wirtschaft hart treffen und eine neue Flüchtlingswelle auslösen. Deshalb dringen die E3 unter Führung Frankreichs auf eine Lösung, doch die Kontrahenten in Washington und Teheran machen es ihnen schwer.

US-Präsident Donald Trump droht jedem Staat, der vom Iran weiter Öl kauft oder andere Geschäfte macht, mit der Vertreibung vom amerikanischen Markt. Weil seit dieser Drohung die iranischen Ölexporte stark zurückgegangen sind, sieht sich Teheran um den Wirtschaftsaufschwung gebracht, der dem Land bei Abschluss des Atomvertrages versprochen worden war. Als Reaktion hat Teheran absichtlich Grenzwerte des Abkommens bei der Urananreicherung verletzt. Die Iraner hatten die Spannungen zuletzt weiter angefacht, indem sie einen britischen Öltanker beschlagnahmten.

Macron empfing Araktschi

In Wien wollen die E3 nun mit dem Iran sowie den anderen beiden verbliebenen Partnerstaaten des Atomabkommens, China und Russland, über Wege zur Rettung des Vertrages sprechen. Besonders eine aktivere Rolle Chinas, das bis zum Beginn von Trumps Sanktionen einer der wichtigsten Abnehmer von iranischem Öl war, könnte wichtig werden. Peking signalisierte vor dem Treffen seine Unterstützung für die Vermittlungsbemühungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Vor wenigen Tagen empfing Macron den iranischen Vize-Außenminister Abbas Araktschi. Anfang des Monats hatte ein Vertrauter von Macron in Teheran Gespräche geführt. Auch an einem möglichen europäischen Marine-Verband zur Sicherung der Schifffahrt im Golf will sich Frankreich beteiligen.

Frankreich sei als Vermittler gut geeignet, sagte Nahost-Experte Ali Fathollah-Nejad vom Doha-Zentrum der Denkfabrik Brookings unserer Zeitung in Istanbul: Paris wolle zwar den Atomvertrag retten, teile aber auch amerikanische Bedenken wegen des iranischen Raketenprogramms und der aggressiven iranischen Außenpolitik. Trumps Außenminister Michael Pompeo schließt Gespräche mit dem Iran zumindest nicht ganz aus. Er sei grundsätzlich zu einem Besuch in Teheran bereit, sagte er dem Sender Bloomberg TV.

Auf weitere Verstöße verzichten

Bei einer Kabinettssitzung in Teheran deutete auch Ruhani ein Entgegenkommen an die Europäer an. Wenn die britischen Behörden in Gibraltar den dort festgesetzten iranischen Tanker freigäben, könnten die Iraner auch den beschlagnahmten britischen Tanker weiterfahren lassen, sagte Ruhani. Er sei zu Gesprächen mit den USA unter den richtigen Voraussetzungen bereit, betonte der Präsident weiter. Der Iran verlangt vor allem eine Lockerung von Trumps Sanktionen.

Ob sich die Iraner bei dem Treffen am Sonntag weiter bewegen werden, bleibt abzuwarten. Die E3 können versuchen, der Teheraner Delegation das Versprechen abzuringen, auf weitere Verstöße gegen das Atomabkommen erst einmal zu verzichten. Wenn dann die Vereinigten Staaten bei den Sanktionen neuen Spielraum zulassen, könnte das den Weg zu Gesprächen freimachen. Als eine Möglichkeit für amerikanische Zugeständnisse wird eine zeitlich befristete Erlaubnis für China zum Kauf von iranischem Öl genannt.

Europa kann also dabei helfen, direkte oder indirekte Kontakte zwischen den Streithähnen USA und Iran zu ermöglichen. Mit der Gesprächsanbahnung sei die Grenze des europäischen Einflusses aber auch erreicht, sagte Fathollah-Nejad: „Nur die USA und der Iran entscheiden, ob die Vermittlungsbemühungen am Ende Erfolg haben oder nicht.“

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