Konflikt mit der Ukraine Fragen und Antworten zur Beziehung zwischen Nato und Russland

Brüssel · Die Nato setzt Russland unter Druck. Wenn Moskau nicht binnen weniger Monate die Entwicklung einer neuen Mittelstreckenwaffe einstellt, will auch die Allianz nachrüsten. Werden in Europa schon bald wieder Atomraketen stationiert?

 Unterschrieben den INF-Vertrag: Der sowjetische KP-Chef Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan 1987 in Washington.

Unterschrieben den INF-Vertrag: Der sowjetische KP-Chef Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan 1987 in Washington.

Foto: dpa

Die Nato steuert auf einen Konflikt mit Russland zu. Ein Überblick.

Wie reagiert die Nato auf den jüngsten Konflikt zwischen der Ukraine und Russland im Asowschen Meer?

Moskau hat kurz vor Beginn des Außenministertreffens in Brüssel ein Zeichen der Entspannung gesetzt. Die Blockade ukrainischer Häfen wurde beendet, bestätigte die Regierung in Kiew. In der Vorwoche waren im Asowschen Meer russische Militäreinheiten und ukrainische Schiffe aneinandergeraten, woraufhin Moskau die Zufahrt zu dem Meer gesperrt hatte. Doch die Nato sieht darin ein Katz-und-Maus-Spiel des Kreml und will sich von Provokationen nicht beeindrucken lassen.

US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, den INF-Vertrag über die Reduzierung landgestützter Mittelstreckenraketen zu kündigen. Unterstützt die Nato die USA?

Das Bündnis hat sich am Dienstag demonstrativ hinter US-Präsident Donald Trump gestellt. Es geht um das INF-Abkommen von 1987. Es verbietet Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern. Moskau bestreitet, dass es an derartigen Waffensystemen arbeitet, die Allianz hält dagegen und führt das neue System vom Typ 9M729 unter dem Nato-Code SSC-8.

Und wie will das Bündnis nun reagieren?

Darüber ist sich die Allianz noch nicht einig. Die Bundesregierung verfolgt im Rahmen der Nato einen eher weichen Kurs. Zu groß sind die Ängste vor einem neuen atomaren Wettrüsten auf europäischem Boden. Wie angespannt die Lage zwischen den Verbündeten ist, zeigte die spürbare Unsicherheit der Partner untereinander. Noch zu Beginn des Treffens am Dienstag wussten die meisten Außenamtschefs nicht, ob ihr US-amerikanischer Amtskollege Mike Pompeo die Tagung nutzen würde, um den offiziellen Beginn des Ausstiegs aus dem Vertrag anzukündigen. Damit würde ein sechs Monate dauernder Prozess ausgelöst, der schließlich das Ende des INF-Abkommens bedeuten würde.

Und wie lautet die Antwort der Nato?

Die Nato will Moskau nur zwei Monate Zeit einräumen, um ein klares Bekenntnis zur bestehenden Abrüstung abzulegen. Dann wolle man reagieren, hieß es in Brüssel. Im Gespräch scheint aber wohl eine eher moderate Antwort zu sein. „Die Nato wird nicht 1:1 das machen, was Russland macht“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Ob das eine Absage an ein eigenes Raketenabwehrprogramm oder neue Atomraketen in Europa sein sollte, blieb am Dienstag offen.

Könnte die Nato sich denn so schnell auf eine neue Bedrohungslage einstellen?

Experten sprechen davon, dass das Bündnis alles vermeiden müsse, um eine scharfe Gangart zu wählen, weil sie sich damit selbst überfordern würde. Denn die Modernisierung der bestehenden Abwehrsysteme dürfte rund fünf Jahre dauern und etliche Milliarden verschlingen, die die Europäer nicht haben – von den politischen Folgen ganz abgesehen.

Welche wären das?

Viele erinnern sich noch an die großen Demonstrationen der 70er und 80er Jahre auch in Bonn, als die westlichen Staaten von einer Welle des Widerstands gegen die Stationierung der amerikanischen Mittelstreckenraketen Pershing II überrollt wurden. Das will niemand wieder haben.

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