Erste Frau an Staatsspitze Georgien bekommt eine Präsidentin: Salome Surabischwili

Tiflis · Am Ende fürchteten die Georgier wohl eine Rückkehr der früheren Regierungspartei an die Macht. Deshalb wird nun erstmals eine Frau das Amt des Staatspräsidenten übernehmen - auch wenn sie in der Bevölkerung nicht übermäßig beliebt ist.

 Salome Surabischwili wird neue Präsidentin von Georgien.

Salome Surabischwili wird neue Präsidentin von Georgien.

Foto: Shakh Aivazov/AP

Eine gebürtige Französin wird erste Präsidentin in Georgien. Die frühere Außenministerin Salome Surabischwili gewann am Mittwoch deutlich die Stichwahl vor Grigol Waschadse, der ebenfalls früher Chef des Außenministeriums in der Ex-Sowjetrepublik war.

Wie die Wahlleitung in Tiflis nach Auswertung aller Stimmzettel mitteilte, erhielt die 66-Jährige 59,5 Prozent der Stimmen. Ihr Konkurrent kam auf 40,5 Prozent.

"Das Land hat heute eine grundsätzliche Entscheidung getroffen. Wir alle sagten endgültig und entschieden nein zur Vergangenheit", sagte Surabischwili dem georgischen Fernsehsenders Rustavi 2 zufolge. Sie wolle nun den Dialog suchen mit denjenigen, die sie nicht gewählt hätten. Die frühere Diplomatin galt bereits in der ersten Runde Ende Oktober als Favoritin, erhielt am Ende aber nur etwas mehr Stimmen als ihr Konkurrent. Sie hatte zuletzt an Wählergunst verloren.

Surabischwili ging als unabhängige Kandidatin ins Rennen und wurde von der Regierungspartei Georgischer Traum unterstützt. Waschadse war der Kandidat der früheren Regierungspartei Vereinte Nationale Bewegung. Die Stichwahl war notwendig geworden, weil keiner der Kandidaten in Runde eins die absolute Mehrheit erhalten hatte.

Die erste Auslandsreise soll Surabischwili nach Europa führen. Sie wolle Berlin, Brüssel und Paris besuchen, kündigte sie nach örtlichen Fernsehberichten an. Die neue Präsidentin war Jahrzehnte im französischen Diplomatendienst und lebt seit 2004 in Georgien.

Gut 3,5 Millionen Menschen waren aufgerufen, über die Nachfolge von Giorgi Margwelaschwili zu entscheiden, der auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 56 Prozent und damit höher als vor einem Monat.

Internationale Wahlbeobachter sprachen von einer insgesamt freien Abstimmung mit wenigen Mängeln. "In dieser Stichwahl bekundete das georgische Volk erneut sein Engagement für die Demokratie", hieß es in einer Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) danach. Allerdings habe eine "strenge Rhetorik im Wahlkampf" Spannungen im Wahlumfeld erhöht.

So hatte Surabischwili zuletzt beklagt, dass es gegen sie und ihre Kinder Morddrohungen gegeben habe. Das Innenministerium wollte das prüfen. Kurz vor der Wahl hatten in der Hauptstadt Tiflis Zehntausende Menschen gegen eine mögliche Rückkehr der Partei des früheren Präsidenten Michail Saakaschwili an die Macht demonstriert. Die Organisatoren sprachen von mehr als 90 000 Teilnehmern.

Die Demonstranten in der Hauptstadt Tiflis wandten sich damit gegen den Präsidentschaftskandidaten Waschadse. Er hatte im Wahlkampf angekündigt, im Falle eines Wahlsieges Saakaschwili zu begnadigen. Der Ex-Präsident war wegen Amtsmissbrauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt worden und lebt nun in den Niederlanden.

Saakaschwili rief am Abend nach russischen Medienberichten die Bevölkerung zu Massenprotesten auf. "Wir erkennen diese Wahl nicht an, weil sie unter Gewaltbedingungen abgehalten wurde." Die Polizei sollte sich auf die Seite des Volkes stellen, das Militär sollte keine "rechtswidrigen Anordnungen" umsetzen.

Der neue Präsident soll Mitte Dezember vereidigt werden. Es war das letzte Mal, dass die Georgier einen Präsidenten direkt wählen konnten. Mit der Abstimmung trat eine Verfassungsreform in Kraft, wonach künftig ein Wahlmännergremium diese Aufgabe übernimmt. Das Staatsoberhaupt soll zudem nur noch fünf statt sechs Jahre amtieren und überwiegend nur noch repräsentative Aufgaben übernehmen.

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