Opposition wittert Wahlbetrug Gespannte Ruhe vor Bekanntgabe des Wahlsiegers in Simbabwe

Harare · Steht in Simbabwe der erste Machtwechsel seit 1980 bevor? Oder droht ein Wahlbetrug, gefolgt von Massenprotesten? Die Menschen in Simbabwe halten den Atem an. Die Opposition gibt sich kämpferisch.

 Soldaten patroullieren nach Demonstrationen von Anhängern der Oppositionspartei in Simbabwes Hauptstadt Harare.

Soldaten patroullieren nach Demonstrationen von Anhängern der Oppositionspartei in Simbabwes Hauptstadt Harare.

Foto: Mujahis Safodien/AP

Im südafrikanischen Simbabwe ist vor der offiziellen Bekanntgabe des Ausgangs der Präsidentenwahl eine gespannte Ruhe eingekehrt, allerdings herrschte große Sorge vor neuen Gewaltausbrüchen.

Nach Protesten der Opposition gegen einen möglichen Wahlbetrug patrouillierten in den Straßen der Hauptstadt Harare Polizei und Militär. Viele Geschäfte waren geschlossen, weil die Inhaber Angst vor neuen Ausschreitungen hatten. Die Wahlkommission wollte am späten Donnerstagabend die Ergebnisse der Abstimmung vom Montag bekanntgeben.

Die Opposition erklärte bereits vor Bekanntgabe, sie werde im Falle eines Sieges von Präsident Emmerson Mnangagwa (75) das Ergebnis "im Rahmen der Verfassung" anfechten. "Wir können keine Täuschungen, Erfindungen und Falschheiten akzeptieren", sagte Oppositionsführer Nelson Chamisa (40).

Falls die Opposition das Wahlergebnis tatsächlich nicht anerkennen sollte, rechnen Experten mit Massenprotesten. Umfragen vor der Wahl prognostizierten ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Mnangagwa, einem Vertreter der alten Garde, und dem Reformer Chamisa.

Die Zahl der Todesopfer nach Zusammenstößen zwischen Oppositionsanhängern und Sicherheitskräften am Mittwoch ist auf sechs gestiegen. Dies teilte Polizeisprecherin Charity Charamba am Donnerstag mit. Mnangagwa forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Simbabwer müssten ihre Differenzen "friedlich und respektvoll" lösen, forderte Mnangagwa. Er stehe in Kontakt mit Chamisa, um die Lage zu entschärfen.

Mnangagwa hatte die Schuld für die Ausschreitungen zuvor noch allein bei der Opposition gesehen. Die Polizei war mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vorgegangen. Es fielen auch Schüsse, das Militär wurde ebenfalls eingesetzt.

Die Europäische Union forderte alle Parteien angesichts der jüngsten Eskalation zu "Besonnenheit und Zurückhaltung" auf. Auch UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich über die Gewalt in Harare besorgt. Er appellierte an die politischen Führer und die Bevölkerung Simbabwes, jegliche Form von Gewalt abzulehnen.

Bei der Parlamentswahl, die ebenfalls am Montag stattgefunden hatte, sicherte sich Mnangagwas seit 1980 regierende Partei Zanu-PF eine solide absolute Mehrheit der Sitze. Es war die erste Wahl nachdem Langzeitpräsident Robert Mugabe (94) im November infolge eines Militärputsches zurückgetreten war. EU-Wahlbeobachter hatten die Abstimmung am Mittwoch insgesamt als frei, aber wegen der Nutzung staatlicher Ressourcen und der parteiischen Berichterstattung der amtlichen Medien zugunsten der Regierung als nicht fair bezeichnet.

Für das verarmte Simbabwe war die Wahl eine Richtungsentscheidung: Mnangagwa war unter Mugabe viele Jahre Minister und später dessen rechte Hand gewesen. Chamisa hingegen, ein eloquenter Pastor, steht für einen Neuanfang. Wer auch immer die Wahl gewinnt, steht vor enormen Herausforderungen. Infolge von Mugabes gescheiterter Wirtschaftspolitik ist Simbabwes Wirtschaftsleistung heute der Weltbank zufolge mit rund 900 US-Dollar pro Kopf niedriger als 1980, es herrscht Rekordarbeitslosigkeit.

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