"Betet für mich" Gläubige umjubeln scheidenden Papst

Rom · Es war ein emotionaler Auftritt. Der scheidende Papst zeigt sich den Gläubigen - und wird gefeiert. Vor allem von seinen deutschen Landsleuten. Benedikt wirkt gelöst. Aber auch müde.

Mit einer bewegenden Generalaudienz in Rom hat Papst Benedikt XVI. erstmals direkt vor den Gläubigen seinen Rücktritt begründet. Bei dem Treffen mit mehr als 10 000 Katholiken aus aller Welt dankte er für die Gebete und die große Anteilnahme "in diesen für mich schwierigen Tagen". Umjubelt von der Menge sagte das scheidende Kirchenoberhaupt am Mittwoch: "Betet weiterhin für mich, für die Kirche und für den künftigen Papst". In zwei Wochen verlässt er das höchste Amt der katholischen Kirche.

Benedikt erklärte nochmals die Gründe, die zu seiner am Montag vor Kardinälen verkündeten Entscheidung geführt hätten. Sie sei "in voller Freiheit" zum Wohle der Kirche gefallen, betonte der 85-Jährige. Er sei sich bewusst geworden, dass er das Pontifikat nicht mehr mit der dafür notwendigen Kraft fortführen könne. Benedikt wirkte bei der Audienz gelöst, aber auch gebrechlich und müde, mehrmals deutete er ein Lächeln an. Am Montag hatte der seit 2005 amtierende deutsche Papst seinen Rücktritt für den 28. Februar angekündigt - ein Novum in der Neuzeit.

Wenn Benedikt an diesem Tag sein Amt niederlegt, soll er um 17.00 Uhr mit einem Helikopter zur päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo fliegen. Dort wird er die ersten Wochen nach dem Ende seines Pontifikats verbringen, bevor er in ein Kloster auf dem Gelände des Vatikans zieht. Am Morgen werde er sich in einem letzten offiziellen Akt von den Kardinälen verabschieden, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Weitere Veranstaltungen seien an dem Tag nicht geplant.

Innerhalb von 15 bis 20 Tagen tritt dann das Konklave zusammen, das einen Nachfolger wählt. Dem Gremium gehören voraussichtlich 117 Kardinäle an, darunter sechs aus Deutschland. Bis Ostern soll der neue Papst gekürt sein Einen Favoriten gibt es bisher nicht.

Der Präsident von Guatemala, Otto Fernando Pérez Molina, sprach sich für die Wahl eines Lateinamerikaners aus. "Ich glaube, die Zeit dazu ist gekommen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Der mexikanische Kirchenexperte Roberto Blancarte dämpfte aber alle Erwartungen in diese Richtung. "Nicht bedacht wird, dass ein lateinamerikanischer Papst viel konservativer sein würde als ein europäischer", sagte er der dpa.

Auch nach seiner Rücktrittsankündigung nimmt Benedikt weiter Termine wahr. Dazu gehören laut Vatikan-Sprecher Treffen mit Bischöfen und ausländischen Staatsgästen in den kommenden Tagen. So wird er auch den scheidenden italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti sowie Staatspräsident Giorgio Napolitano empfangen.

Bei seiner vorletzten Generalaudienz betrat Benedikt unter großem Jubel tausender Gläubiger die Audienzhalle am Petersdom - langsamen Schrittes ging er zu seinem Sessel. Als er die Besucher begrüßte, brandete lauter Beifall auf. Der scheidende Papst wandte sich auch an die Pilger aus seiner deutschen Heimat und dankte für ihren Besuch. Seine Ausführungen zum Beginn der Fastenzeit wurden immer wieder von Applaus unterbrochen und begleitet. Benedikt breitete seine Arme zum Gruß der Gläubigen aus, blieb aber sitzen.

Bereits Stunden vor der Generalaudienz waren die Gläubigen zum Petersplatz gekommen und hatten die Reihen der etwa 12 000 Menschen fassenden Halle bis zum letzten Platz gefüllt. Am Nachmittag wollte der 85-Jährige im Petersdom die Aschermittwoch-Liturgie zum Beginn der Fastenzeit feiern. Wegen des erwarteten großer Andrangs wurde die Feier von der Kirche Santa Sabina auf dem Aventin-Hügel in den wesentlich größeren Petersdom verlegt.

Bei der Wahl des neuen Papstes sollte nach Ansicht der katholischen Jugend in Deutschland die Meinung der Gläubigen berücksichtigt werden. "Die Kriterien für die Auswahl eines neuen Papstes müssen auch danach gestaltet werden, was die Gläubigen wichtig finden", sagte der Vorsitzende der Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Dirk Tänzler, am Mittwoch in Düsseldorf.

Das weltweit führende sunnitische Lehrinstitut will nach dem angekündigten Rückzug Benedikts den Dialog mit dem Vatikan wieder aufnehmen. Das Al-Azhar-Institut in Kairo hoffe auf "freundschaftliche" Beziehungen zum Kirchenstaat in Rom, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen. Im Januar 2011 hatte das Institut den religionsübergreifenden Dialog nach Kritik von Benedikt XVI. an den Regierungen des Nahen Ostens abgebrochen. Der Papst hatte von den Ländern mehr Schutz für religiöse Minderheiten eingefordert. Die Sunniten sind eine Glaubensrichtung des Islam.