Gescheiterte Präsidentschaftswahl Griechenland am Scheideweg

BRÜSSEL · Es ist kein gutes Omen für das neue Jahr: Griechenland steht vor Neuwahlen. "Wir haben alles getan, um vorgezogene Wahlen abzuwenden", sagte Regierungschef Antonis Samaras.

 Reaktionen auf das Ergebnis: Versteinerte Mienen bei Finanzminister Gikas Hardouvelis (links) und Premier Antonis Samaras.

Reaktionen auf das Ergebnis: Versteinerte Mienen bei Finanzminister Gikas Hardouvelis (links) und Premier Antonis Samaras.

Foto: AP

Sie brächten "viele Gefahren mit sich". Aber auch im dritten Wahlgang hatte der einstige EU-Kommissar und Präsidentschaftskandidat Stavros Dimas nicht die nötige Mehrheit von 180 der griechischen Abgeordneten hinter sich bringen können. Damit muss das Parlament binnen zehn Tagen aufgelöst werden - so sieht es die Verfassung vor. Nur 168 der Volksvertreter stimmten gestern für den einzigen Kandidaten, 132 enthielten sich.

Regulär wäre der Konservative Samaras noch bis Juni 2016 im Amt, nun aber müssen die Griechen erneut an die Urnen. "Dabei wissen die Abgeordneten um die Konsequenzen", sagte EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten, dem General-Anzeiger. "Es wird schwierig sein, neue Programme zu vereinbaren", fürchtet der Finanzexperte.

In Brüssel warnte man schon seit Wochen vor vorgezogenen Neuwahlen. Noch in diesem Monat hatte die Eurogruppe in einer Sondersitzung eilig einer Verlängerung der Finanzhilfen für Athen bis einschließlich Februar zugestimmt. Andernfalls hätte das Land schon zu Beginn des neuen Jahres vor einer neuerlichen Krise gestanden, weil dann Kreditzahlungen fällig werden.

Dabei fallen die Prognosen für die Wirtschaft in Hellas nur vier Jahre nach der Krise positiv aus. Derzeit wird dem einstigen Sorgenkind der Eurozone ein Wachstum von 2,9 Prozent für das kommende Jahr vorausgesagt. Die Arbeitslosenquote sänke damit von 24,8 auf 22,6 Prozent. Zwar zeigen die Strukturreformen ihre Wirkung. Doch Griechenland ächzt noch immer unter seinem kritisch hohen Schuldenstand von 171 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Um ihn zu verringern, sind weitere Spar- und Strukturmaßnahmen notwendig. Sie umzusetzen weigerte sich Samaras bislang jedoch mit der Begründung, er fürchte neue Demonstrationen aus der Bevölkerung.

Derzeit liegt die linke Partei Syriza von Alexis Tsipras in den Umfragen leicht vorn. Doch dieser gilt als Gegner des strengen Sparkurses, den die EU Griechenland im Zuge der Finanzkrise auferlegt hat. Die Neuwahlen signalisierten das Ende jener Sparpolitik, die zur "Plünderung des Volkes" geführt habe, triumphierte Tsipras gestern prompt im griechischen Fernsehen - zuversichtlich, dass die Griechen ihn Samaras vorziehen werden.

Im EU-Parlament rechnet man Tsipras hingegen weniger große Chancen aus: Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, warnt davor, die von der Verfassung vorgegebenen Neuwahlen mit einer neuerlichen Instabilität Griechenlands gleichzusetzen: Bislang habe sich die Koalition der konservativen Nea Dimokratia (ND) und der Sozialisten der Pasok-Partei als sehr stabil erwiesen. Auch Dora Bakoyannis, frühere Außenministerin Griechenlands, hält die Wahl für die ND für "gewinnbar".

Darauf hofft nun auch die EU-Kommission: Der für das Ressort Finanzen verantwortliche Kommissar Pierre Moscovici erinnerte an die "starke Verpflichtung gegenüber Europa". Damit Griechenland in der Eurogruppe wieder "gedeihen" könne, sei eine "breite Mehrheit der Wähler" für den "notwendigen wachstumsfördernden Reformprozess" nötig. Jetzt, da Regierungschef Samaras sich erneut dem Wahlkampf stellen muss, wird er die von der Troika geforderten Renten- und Mehrwertsteuerreformen aber kaum umsetzen. Genau dafür braucht er die Zustimmung der Bevölkerung. Am 25. Januar wird sie über das neue Parlament abstimmen.

Die Hilfsprogramme für Griechenland

Um eine Staatspleite abzuwenden, unterstützen die internationalen Geldgeber Griechenland seit Mai 2010. Dabei helfen die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF) mit zwei Hilfspaketen von zusammen rund 240 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank (EZB) überwacht gemeinsam mit IWF und EU die Hilfen. Beim ersten Hilfsprogramm erhielt Athen Kredite direkt von den Euro-Partnern. 73 Milliarden Euro sind ausgezahlt worden, der deutsche Anteil liegt bei 15,17 Milliarden. Außerdem gab es einen Schuldenschnitt: Dabei mussten Griechenlands private Gläubiger mehr als die Hälfte ihrer Forderungen abschreiben. Dieser Schritt vom März 2012 verringerte den Schuldenberg Griechenlands auf einen Schlag um 100 Milliarden Euro. Aus dem zweiten Hilfsprogramm sind bislang rund 153 Milliarden Euro nach Griechenland geflossen. Sie kommen aus dem gemeinsamen Euro-Rettungsschirm EFSF und vom IWF.

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