Kirche, Kino und Pyjama-Party Hillary Clintons Vorstadt-Jugend

Chicago/Park Ridge · First Lady, Senatorin, Außenministerin und vielleicht bald erste Präsidentin der USA? Hillary Clinton als Politikerin kennt jeder - aber wie war sie als junges Mädchen, als Teenager? Ein paar gute Schulfreundinnen und Schulfreunde erzählen.

 Hat noch immer engen Kontakt zu ihren Freundinnen aus High-School-Zeiten: Hillary Clinton.

Hat noch immer engen Kontakt zu ihren Freundinnen aus High-School-Zeiten: Hillary Clinton.

Foto: dpa

Die alten Freunde aus Schulzeiten sind meistens die engsten. So ist das auch bei Hillary Clinton. Trotz steiler Politikerkarriere hat sie immer den Draht gehalten zu ihren Freundinnen und Freunden aus der High School in Park Ridge, eine knappe halbe Stunde nordwestlich von Downtown Chicago.

„Wir sind der typische amerikanische Vorort, und richtig viel hat sich hier seit Hillarys Kindheit nicht verändert“, sagt Bürgermeister Marty Maloney. Eine Hauptstraße mit ein paar Geschäften, ein altes Kino, ein Bahnhof, ein kleiner Park, die Bibliothek, ein paar Kirchen und ein schönes Rathaus mit weißen Säulen. Hier und da steht ein Hillary-Schild oder auch ein Trump-Schild im Vorgarten – man muss sie aber suchen.

In der warmen Herbstsonne vor der Stadtbibliothek sitzt Ernest Ricketts. Er hat hier mit Hillary Clinton seine Kindheit und Jugend verbracht. Sie sind zusammen mit dem Fahrrad durch die Nachbarschaft gekurvt, haben nebeneinander auf dem Gartenzaun gesessen und stundenlang über alles mögliche philosophiert, erzählt er.

„Ricky“, wie ihn Hillary und seine Freunde nennen, hat einen Stapel Fotos dabei: Eins stammt aus der Grundschule, vierte Klasse. Er zeigt auf Hillary unten in der ersten Reihe: Zucker-Lächeln, heller Blick, blonde halblange Haare, Löckchen, Rock und weiße Bluse. „Sie war und ist so eine herzliche Person, es macht solchen Spaß, sich mit ihr zu unterhalten, und sie eine großartige Zuhörerin!“

"Hillary wollte immer alles wissen"

Ricketts zählt zu einer Gruppe von ungefähr zehn Freunden aus der Schulzeit, die bis heute zu Hillary Clinton und untereinander einen guten Kontakt gehalten haben. Während des Wahlkampfs gab es nur wenige Möglichkeiten sich zu sehen, aber alle zusammen werden sie am Wahlabend in New York sein und – so hoffen sie – gemeinsam mit Hillary dann die Präsidentschaft feiern.

„Sie ist immer noch dieselbe ehrliche, freundliche Person, die ich seit 1952 kenne“, sagt Ernest Ricketts. „Und uns Freunde treffen die Attacken auf Hillary im Wahlkampf wahrscheinlich mehr, als sie selbst, weil sie inzwischen ein dickes Fell hat.“ Zum Freundeskreis gehören auch Patsy Bowles, Cheryl Harbour, Hardye Moel und Kathleen Burgess. Alle sind auf mindestens einem dieser alten Schulfotos vertreten, die „Ricky“ Ricketts stolz präsentiert.

„Wir kennen uns alle so gut, wir können unsere Sätze vervollständigen“, erzählt Kathleen Burgess am Telefon. Damals im ersten Jahr an der High School hieß sie Rogers und bekam Hillary Rodham als Sitznachbarin im Klassenzimmer zugewiesen - Rodham, Rogers - „Wir wurden in alphabetischer Reihenfolge platziert und sind sofort Freunde geworden“, erzählt sie. „Hillary wollte immer alles wissen, sie hat solange keine Ruhe gegeben, bis sie es verstanden hat“, sagt Burgess.

Der bewegendste gemeinsame Moment in der Jugend sei der Tag gewesen, als John F. Kennedy 1963 erschossen wurde. „Die Schule hat zugemacht. Irgendeine Mutter hat uns damals mit dem Auto abgeholt und Hillary, ich und eine Freundin haben dann den ganzen Tag still vor dem Fernseher gesessen und gewusst, hier ändert sich gerade die Welt“.

Und was war Hillary für ein Typ? In der Schule eine Leuchte, sagen ihre Freunde. Die Lehrer haben sie geliebt. Sie war Mitglied der Schülervertretung, aber kein Streber-Typ. „Es gab auch Dates – sie hat sich schon auch mit ein paar Jungs getroffen“, plaudert Langzeit-Freundin Patsy Bowles aus, die mit Hillary schon als Kind zusammen in der Kirche aktiv war.

Keine wilden Partys

Die Teenager-Wochenenden der Freunde in Park Ridge waren später geprägt von Kino, Popcorn und Pyjama-Partys - aber auch Kirchenaktivitäten. „Wir waren die guten Kids“, sagt Clintons Freundin Hardye Moel. „Zigaretten, Alkohol oder wilde Partys gab's nicht bei mir oder Hillary“.

Dass Hillary ein besonderes Talent hat, ist Patsy Bowles bewusst geworden, als sie einmal bei einer Schulveranstaltung vor allen 5.000 Schülern an der High School eine Rede gehalten hat, ohne Zettel, ohne nervös zu wirken. Hat damals irgendeiner geahnt, was aus der Schulfreundin mal werden würde? „Man konnte schon ahnen, dass sie mal was wird, was Frauen in der damaligen Zeit normalerweise nicht wurden, Rechtsanwältin oder Ärztin zum Beispiel“, sagt Kathleen Burgess.

Und jetzt vielleicht US-Präsidentin? „Ich habe schon gewählt, und als ich in Chicago in der Kabine stand und ihren Namen auf dem Zettel gelesen hab, bin ich in Tränen ausgebrochen“, erzählt Schulfreundin Hardye Moel.

Die Freunde sind sich einig: Teile des öffentlichen Bildes von Hillary Clinton und das Bild, das sie von ihr haben, stimmen überhaupt nicht überein. „Sie ist ehrlich, hat ein gutes Herz und was viele nicht wissen, sie ist auch total lustig“, sagt Burgess. Als ihre Tochter geboren wurde, hat sie ihr den Namen Hillary gegeben. Die Freundschaft in der Gruppe habe über Jahre und über all die großen Karriereschritte hinweg gehalten, das sage auch viel über Hillary aus, sagt Freundin Patsy Bowles.

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