Kims Charmoffensive wirkt Historische Annäherung zwischen Nord- und Südkorea

Peking · Historische Annäherung zwischen Nord- und Südkorea: Im April wollen sich die Staatsoberhäupter treffen. Für die Dauer der Gespräche ist Pjöngjang zudem bereit, seine Atomwaffentests auszusetzen.

Mit einer solchen Einigung hatten selbst die größten Optimisten nicht gerechnet. Nach Jahren heftiger Kriegsrhetorik hat sich die nordkoreanische Führung bereit erklärt, ihr Atombewaffnungsprogramm zu unterbrechen und mit den USA zu Gesprächen zusammenzukommen.

Das kommunistische Land habe erklärt, dass es keine Notwendigkeit für eine Aufrechterhaltung seines Atomprogramms sehe, solange es nicht militärisch bedroht werde und die Sicherheit seiner Führung gewährleistet sei, teilte Südkoreas Sicherheitsdirektor Chung Eui Yong am späten Dienstagabend nach seiner Rückkehr aus Pjöngjang mit. Nordkorea habe ihm zudem zugesichert, auch keine konventionellen Waffen oder Atomwaffen gegen Südkorea einzusetzen. Chung hatte sich für zwei Tage zu Gesprächen in der nordkoreanischen Hauptstadt aufgehalten.

Nordkoreas amtliche Nachrichtenagentur KCNA hatte zuvor berichtet, der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un habe die Vertreter aus Südkorea „herzlich empfangen“ und ein Abendessen für die Gäste ausgerichtet. Es habe „herzliche“ Gespräche gegeben. Kim sei fest entschlossen, „die innerkoreanischen Beziehungen und die Bemühungen für eine Wiedervereinigung voranzubringen“.

Ein Zeichen des guten Willens

Als Zeichen des guten Willens sagte Südkoreas Präsident Moon Jae In noch am Abend zu, sich mit Machthaber Kim zu treffen. Der Gipfel ist für Ende April anberaumt und werde im Grenzort Panmunjom stattfinden. Sollte er tatsächlich zustande kommen, wird es das erste Mal seit mehr als zehn Jahren sein, dass sich die Staatsoberhäupter der beiden Koreas an einen Tisch setzen. Zudem sei geplant, eine ständige Telefonverbindung zwischen Seoul und Pjöngjang einzurichten, um militärische Spannungen zu verringern, heißt es in einer Pressemitteilung des südkoreanischen Präsidialamts.

Dass überhaupt eine südkoreanische Regierungsdelegation zu Gast im verfeindeten Nordkorea ist, gilt bereits als historisch. Noch vor Jahresfrist schien der Konflikt um Nordkoreas Atomwaffenprogramm so festgefahren, dass eine Annäherung unerreichbar schien. Das Regime in Pjöngjang hatte das gesamte Jahr 2017 über mit Dutzenden von Mittel- und Langstreckenraketentests und der unterirdischen Zündung einer Wasserstoffbombe den Zorn der gesamten Weltgemeinschaft auf sich gezogen. Denn die Führung in Pjöngjang verstieß mit Atom- und Raketentests gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats. Dieser reagierte mit ständig neuen Sanktionen.

Zur Verschärfung des Konflikts beigetragen hatte zudem US-Präsident Donald Trump, der auf Twitter seinerseits eine Hasstirade nach der anderen abfeuerte und rhetorisch dem nordkoreanischen Machthaber in nichts nachstand. Kim und Trump drohten sich gegenseitig mit der Vernichtung.

Wende im Konflikt

Doch in seiner Neujahrsrede leitete Machthaber Kim überraschend eine Wende in dem festgefahrenen Konflikt ein. Das erste Mal seit seiner Machtübernahme Ende des Jahres 2011 äußerte er den Wunsch nach einer Annäherung zu Südkorea. Kim nahm die Einladung Südkoreas an, mit nordkoreanischen Athleten an den Olympischen Winterspielen im Februar 2018 im südkoreanischen Pyeongchang teilzunehmen. Der Diktator leitete damit eine Entspannungspolitik ein, auf die Südkoreas linksliberaler Präsident Moon Jae In seit Monaten gehofft hatte.

Nordkorea nutzte die Teilnahme an den Spielen für eine Charmeoffensive, wie es die Welt von diesem seit Jahrzehnten streng abgeschotteten Land kaum für möglich gehalten hätte. Zur Eröffnungsfeier Anfang Februar schickte Machthaber Kim nicht nur seine Schwester Kim Yo Jong, die dem südkoreanischen Präsidenten eine Einladung ihres Bruders überbrachte. Kim sendete auch eine 200-köpfige Cheerleader-Gruppe, die mit ihrer quirligen Art für Begeisterung sorgte. Südkorea bot an, dass die Sportler beider Staaten bei Eröffnung und Abschluss der Spiele gemeinsam ins Stadion einmarschieren. Moon ließ jedoch offen, ob er die Einladung Nordkoreas zu Gesprächen auf höchster Ebene annimmt. Als Voraussetzung nannte Moon ein Moratorium des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms.

„Das kommt zwar überraschend“, heißt es in westlichen diplomatischen Kreisen in Peking, die auch für Nordkorea zuständig sind. Zugleich sei Kims Vorgehen „äußerst schlau“. Dem nordkoreanischen Machthabersei es innerhalb kurzer Zeit gelungen, einen Keil zwischen den Verbündeten Südkorea und die USA zu treiben. Trump stehe nun unter Zugzwang. In einer ersten Reaktion am Dienstag erklärte der US-Präsident auf Twitter „Wir werden sehen, was passiert!“

Vor den Gesprächen zwischen Nord- und Südkorea hatte ein Sprecher des Pentagons am Montag gesagt, man sei „vorsichtig optimistisch. Der jüngsten innerkoreanischen Annäherung zum Trotz hatte Trump in den vergangenen Wochen mehrfach seine Skepsis gegenüber Kims Charmeoffensive geäußert.

Erst vor zwei Wochen erließ Trump gegen Nordkorea weitere Strafmaßnahmen und drohte mit einer Eskalation des Konflikts, sollten die Sanktionen nicht wirken. Diese neuen Phase zwei werde „sehr hart und für die Welt sehr, sehr unerfreulich“, drohte Trump.

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