Hunderttausende betroffen HRW: UN mitschuldig an Abschiebung von Afghanen aus Pakistan

Kabul · Hunderttausende afghanische Flüchtlinge sind 2016 aus Pakistan in ihr kriegszerrissenes Land zurückgekehrt - oft unfreiwillig. Dort warnen Nothelfer von einer humanitären Krise. Nun kritisiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die Vereinten Nationen.

 Ein afghanisches Flüchtlingskind im pakistanischen Nowshera.

Ein afghanisches Flüchtlingskind im pakistanischen Nowshera.

Foto: Bilawal Arbab/Archiv

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat den Vereinten Nationen vorgeworfen, mitschuldig an der erzwungenen Rückkehr Hunderttausender afghanischer Flüchtlinge aus Pakistan in ihr vom Krieg zerrüttetes Heimatland zu sein.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR habe zu rechtswidrigen Methoden der pakistanischen Behörden nicht nur geschwiegen, sondern auch das Rückführungs-Programm afghanischer Flüchtlinge aktiv vorangetrieben, hieß es in einem am Montag veröffentlichten 77-seitigen Bericht. Das UNHCR habe so sein Mandat, Flüchtlinge zu schützen, aufgekündigt und Pakistans Rechtsbrüche unterstützt. Damit mache es sich mitschuldig.

Pakistan hatte seit den 80er Jahren Millionen Afghanen beherbergt, die vor den Kriegen und Bürgerkriegen im Nachbarland geflohen waren. Unter anderem wegen zunehmender Spannungen zwischen der afghanischen und pakistanischen Regierung waren 2016 rund 600 000 Afghanen aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt - oft unfreiwillig. HRW nennt dies in seinem Bericht "die größte rechtswidrige Zwangsabschiebung von Flüchtlingen in jüngerer Zeit".

Pakistan war im vergangenen Jahr von vielen Seiten kritisiert worden für die Methoden, mit denen es die Afghanen im Land zur Massenausreise bewegt hat. HRW schlägt nun in dieselbe Kerbe und führt eine "toxische Mischung" aus Abschiebedrohungen, täglichen Misshandlungen durch die Polizei, willkürlichen Festnahmen, zunehmend mehr Unsicherheit hinsichtlich des Aufenthaltsstatus' oder Ausschluss von afghanischen Kindern von Schulbildung an.

Pakistan breche damit den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung von Menschen, der auch die Rückführung von Flüchtlingen in Länder verbiete, in denen ihr Leben bedroht sei.

Die Kritik am Flüchtlingshilfswerk der Vereinen Nationen (UNHCR) ist neu. Nicht ein Mal habe das UNHCR öffentlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Rückkehrer vor allem aus Angst vor Abschiebung fliehen würden und weil die Polizei sie misshandele. Hinter den Kulissen Besorgnis über einzelne Fälle zu äußern, sei eine beklagenswert unzureichende Reaktion auf die weit verbreiteten Misshandlungen Hunderttausender Afghanen.

Das UNHCR habe außerdem nicht sicher gestellt, dass die Menschen in seinem Programm zur freiwilligen Rückkehr voll informiert gewesen seien über die Zustände, in die sie zurückkehrten. Nothelfer warnen in Afghanistan vor einer humanitären Krise.

Human Rights Watch forderte das UN-Flüchtlingswerk auf, nicht mehr über Pakistans Rechtsbrüche zu schweigen und jeglichen Zwang gegen Afghanen öffentlich anzuprangern. Internationale Geber sollten Pakistan dabei helfen, afghanische Flüchtlinge zu unterstützen, bis es sicher für sie sei, heimzukehren. Pakistan müsse die Misshandlung von Afghanen durch die Polizei beenden und Aufenthaltskarten für Flüchtlinge für mindestens zwei Jahre ausstellen.

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