Liebling der Generäle Imran Khan ist neuer Premierminister in Pakistan

Islamabad · Nach 20 Jahren hat der frühere Cricket-Star Imran Khan sein Ziel erreicht und die Wahl in Pakistan gewonnen. Allerdings muss er sich im Parlament Verbündete suchen.

 Auf Unterstützung angewiesen: Imran Khans PTI ist zwar stärkste Partei, aber von der absoluten Mehrheit weit entfernt.

Auf Unterstützung angewiesen: Imran Khans PTI ist zwar stärkste Partei, aber von der absoluten Mehrheit weit entfernt.

Foto: dpa

Am Ende zeigte Pakistans zukünftiger Premierminister Imran Khan viel Geduld. Während seine Gegner angesichts der mysteriösen und nur unzureichend erklärten Verspätungen bei der Auszählung der Stimmen lautstark protestierten, erinnerte die Sportlegende an seine Vergangenheit als Athlet: „Ich war 21 Jahre lang Sportler. Ich werde bis zum letzten Ball warten, bevor ich meinen Sieg verkünde.“

Seit 20 Jahren versucht sich der ehemalige Playboy und Sportler auf Pakistans politischem Parkett. Nun gelang ihm im dritten Anlauf endlich der langersehnte Sieg. Der Grund, so glauben viele Pakistaner, liegt in einer speziellen Beziehung: Imran Khan gilt als „Laadla“, als Lieblingsjunge der mächtigen Generäle des Landes. Der zukünftige Regierungschef hegt keine Einwände gegen dieses Image. „Der Oberkommandierende General Qamar Javed Bajwa ist wahrscheinlich der demokratischste Offizier, den wir je gesehen haben“, sagte der 65-jährige Khan wenige Tage vor den Wahlen.

Sollte er an die Umsetzung seines ehrgeizigen Plans gehen, dürfte das innige Verhältnis freilich bald zu den Lebensabschnittspartnerschaften zählen, die Khans Verhältnis zu Frauen kennzeichneten. Imran Khan will in Pakistan das Primat der zivilen Politik über die Militärs etablieren – ein Vorhaben, das allen seinen demokratisch gewählten Vorgängern den Laufpass durch die Militärs bescherte.

Khan sieht sich freilich als Mann mit großem Charisma und ist entschlossen, in die Fußstapfen von zwei umstrittenen Populisten zu treten. Ein Idol ist ausgerechnet Zulfikar Bhutto, der von 1971 bis 1973 erst als Präsident und dann von 1973 bis 1977 als Premierminister Pakistans fungierte. 1977 ließen die Generäle den Gründer der „Pakistan Peoples Party“ (PPP) am Galgen hängen. Khans zweites Vorbild ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der die jahrzehntelange politische Vormacht der Generäle in seinem Land brach.

Dabei ist Imran Khan kein Träumer. Er bewies nach dem Ende seiner sportlichen Karriere, dass er anpacken kann. Erst sammelte er insgesamt 25 Millionen US-Dollar, um in seiner Geburtsstadt Lahore ein Krebskrankenhaus aus dem Boden zu stampfen. Die Shaukat Khanum Klinik, zum Gedenken an seine an Krebs gestorbene Mutter benannt, gilt bis heute als eines der besten Hospitäler des Landes.

Zunächst aber muss Khan, der noch nie ein Regierungsamt innehatte, sich mit einem Teilsieg abfinden. Seine Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit (PTI) wurde zwar stärkste Gruppierung in der Nationalversammlung. Aber sie ist weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Khan muss Bündnispartner suchen, bevor er an die Erfüllung seiner Wahlversprechen gehen kann.

Khan, der als Cricket-Legende zum Nationalhelden wurde, stammt aus der Punjab-Provinz, die Pakistan ökonomisch dominiert und den größten Teil der Generäle bei den mächtigen Streitkräften stellt. Seine Vorfahren sind Paschtunen, und er ist der erste Politiker in der Geschichte des Landes, der abgesehen von Militärdiktatoren nicht in einer der Dynastien verwurzelt ist, die seit Jahrzehnten die politische Bühne der Atommacht Pakistan dominierten.

Allianzen mit den Parteien dieser Clans lehnte er im Wahlkampf ab. So bleiben Khan Pakistans religiöse Parteien, Unabhängige und kleine Gruppierungen als Partner. Der Nachteil: Imran Khan, der nicht als Freund von Kompromissen gilt, macht sich politisch erpressbar.

Dabei steht Pakistan vor großen Herausforderungen. Trotz der enger werdenden Verbindungen zum großen Nachbarn China droht eine Zahlungskrise. Die Währungsreserven reichen noch sechs Wochen. Möglicherweise muss Khan sich als erstes hilfesuchend an den Weltwährungsfond (IWF) wenden.

Vielen Pakistanern droht zudem ein rüdes Erwachen. In der Wirtschaftspolitik schweben dem Team der früheren Sportskanone Reformen vor, die an Methoden von Hedgefonds erinnern. Staatliche Unternehmen sollen in großem Stil privatisiert werden. In einem Land, in dem laut Weltbank 45 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren wegen Unterernährung ein verkümmertes Wachstum aufweisen, ist großer Widerstand gegen solche Wirtschaftsreformen programmiert.

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