Nato stockt Truppen auf IS reklamiert Angriff auf Kabuler TV-Sender für sich

Kabul · Wieder einmal haben Terroristen in der afghanischen Hauptstadt Kabul zugeschlagen und etwa 20 Menschen umgebracht. Die Attacke galt einem großen TV-Sender. Auf das Wiedererstarken der Taliban und den Vormarsch des IS will die Nato jetzt mit mehr Soldaten reagieren.

 Afghanische Soldaten liefern sich in Kabul Gefechte mit der Terrormiliz IS.

Afghanische Soldaten liefern sich in Kabul Gefechte mit der Terrormiliz IS.

Foto: Massoud Hossaini

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den Angriff auf den großen afghanischen TV-Sender Schamschad für sich reklamiert. In einer Meldung über die üblichen Kanäle im Internet hieß es, Kämpfer des IS hätten etwa 20 Menschen getötet, darunter Schutzpersonal und Angestellte des Senders.

Der Sprecher des Innenministeriums Nadschib Danisch bestätigte bislang zwei Tote - eine weibliche Angestellte des Senders und ein Wächter seien tot.

Knapp drei Stunden nach Beginn des Angriffs nahm Schamschad sein Programm wieder auf und berichtete über den Angriff auf sein Haus. Die Fernsehbilder zeigten unter anderem Angestellte, die offenbar wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt waren, während noch Spezialkräfte im Haus waren. Ein Banner am unteren Bildrand besagte, der Angriff sei vorüber. Der Chef der Kabuler Kriminalpolizei, Mohammed Salim Almas, sagte allerdings, Sicherheitskräfte seien noch dabei, das Haus zu durchkämmen. "Wir wissen nicht, ob sich nicht noch Aufständische in den oberen Stockwerken verstecken."

Gegen 10.45 Uhr am Morgen (Ortszeit) hatte sich offenbar zuerst ein Selbstmordattentäter am Tor des Senders in die Luft gesprengt. Dann waren laut Polizei "zwei oder drei Angreifer" in das Haus gerannt. Viele Angestellte hatten sich retten können, indem sie aus den Fenstern und über die Außenmauern sprangen.

Ein Polizeitrainingszentrum in der ostafghanischen Provinz Wardak wehrte am Dienstag nach offiziellen Angaben einen schweren Taliban-Angriff ab. Vierzehn oder 15 Kämpfer hätten zuerst Mörsergeschosse auf das Gelände abgefeuert, dann eine Autobombe vor dem Tor detoniert, sagte der Polizeichef der Provinz, Ahmad Fahim Kajem. "Gott sei Dank kam die Schnelle Eingreiftruppe sofort." Alle Angreifer seien getötet worden. Unter den Sicherheitskräften habe es keine Opfer gegeben. Provinzratsmitglieder bestätigten die Darstellung.

Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff, behaupteten aber, er sei noch im Gange und sie hätten viele Sicherheitskräfte getötet. Ihre Angaben sind oft übertrieben.

Ein ähnlicher Angriff auf ein Polizei-Trainingszentrum in der Provinz Paktia war Mitte Oktober nicht so glimpflich ausgegangen: 48 Menschen starben. Es folgte eine ganze Serie von Anschlägen der Taliban gegen Sicherheitskräfte, bei denen binnen weniger Tage in vielen Provinzen rund 190 Soldaten, Polizisten und Zivilisten ums Leben kamen. Die Taliban ließen damals verlauten, ihre Offensive sei Reaktion auf die neue, aggressive Afghanistanstrategie der USA. Seit September gibt es etwa viel mehr Luftangriffe.

Die Nato bestätigte unterdessen Planungen für eine deutliche Verstärkung ihres Afghanistan-Einsatzes. Nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg soll die Zahl der Soldaten zur Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte im kommenden Jahr von etwa 13 000 auf rund 16 000 steigen. Etwa die Hälfte der zusätzlichen Kräfte werde von den USA gestellt werden.

Hintergrund der geplanten Truppenaufstockung ist das Wiedererstarken der radikalislamischen Taliban in Afghanistan und die Expansion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in das Land. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes Ende 2014 deutlich verschlechtert.

Ob sich Deutschland in größerem Maße beteiligen wird, ist angesichts der noch nicht abgeschlossenen Regierungsbildung nach der Bundestagswahl unklar. Das Verteidigungsministerium bestätigte jüngst aber Überlegungen, die Ausbildungstruppe der Bundeswehr in Afghanistan wieder zu verstärken. Die sogenannte Mandatsobergrenze ermöglicht derzeit eine Entsendung von bis zu 980 Soldaten. Stoltenberg sagte am Dienstag nicht, wer sich neben den USA an der Truppenaufstockung beteiligen wird.

Pläne für eine Verstärkung des Einsatzes gab es bereits seit Monaten, der Nato gelang es lange Zeit aber nicht, ausreichend viele Bündnispartner zu einem stärkeren Engagement zu bewegen. Dies änderte sich erst, nachdem US-Präsident Donald Trump im August den Weg für ein stärkeres Engagement seines Landes im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan freigemacht hatte.

Die Deutsche Presse-Agentur hatte bereits am Wochenende über die Pläne für die Truppenaufstockung berichtet. Sie sehen konkret vor, dass künftig mindestens 15 800 Soldaten für den Afghanistan-Einsatz zur Verfügung stehen. Zuletzt waren es lediglich zwischen 12 000 und 13 000 Soldaten.

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