Die islamische Welt ist tief gespalten Trumps Nahost-Plan erntet nicht nur Widerspruch

Türkei/Iran · Türkei und Iran äußern scharfe Kritik an dem Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump, während die US-Verbündeten am Golf positiv reagieren. Die gegensätzlichen Reaktionen lassen weitere Spannungen in der Region erwarten.

 Laut des Trump-Plans sollen die israelischen Siedlungen im Westjordanland bleiben. Das Bild im Hintergrund zeigt die jüdische Siedlung Mitzpe Yeriho.

Laut des Trump-Plans sollen die israelischen Siedlungen im Westjordanland bleiben. Das Bild im Hintergrund zeigt die jüdische Siedlung Mitzpe Yeriho.

Foto: dpa/GA

Scharfe Kritik aus der Türkei und dem Iran, Unterstützung aus Saudi-Arabien, Ägypten und anderen Ländern: Die islamische Welt ist in ihren Reaktionen auf den Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump tief gespalten. Obwohl die Palästinenser als direkt Betroffene den Plan strikt ablehnen, zeigten sich die Regierungen der mächtigen Golf-Staaten und ihre Partner am Mittwoch offen für Trumps Vorschläge. Für sie hat der Kampf gegen den regionalen Rivalen Iran höchste Priorität – und deshalb sind ihnen gute Beziehungen zu den USA und die Annäherung an Israel wichtiger als die Zukunft der Palästinenser.

Die türkische Regierung ärgert sich darüber, dass Trumps Plan alle politischen und territorialen Trumpfkarten den Israelis gibt und die Palästinenser vor vollendete Tatsachen stellt. Der amerikanische Nahost-Plan sei eine „Totgeburt“, erklärte das Außenministerium in Ankara. Der iranische Außenminister Dschawad Sarif sagte in Anspielung auf Trumps Vergangenheit als Geschäftsmann, der Nahost-Plan sei das „Traum-Projekt eines Pleite gegangenen Immobilienhändlers, aber ein Albtraum für die Region und die Welt“.

Amerikas Verbündete am Golf reagierten dagegen positiv. Das saudische Außenministerium würdigte Trumps Bemühungen und rief die Palästinenser zu Verhandlungen auf der Grundlage des Plans auf. Ägypten sprach von einem Beitrag zu „Stabilität und Sicherheit im Nahen Osten“. Yousef al Otaiba, Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Washington, lobte Trumps „ernstzunehmende Initiative“.

Zurückhaltender fielen die Bewertungen von Katar und Jordanien aus. Beide Staaten betonten, die Grenzen von 1967 – die für die Palästinenser günstiger wären als Trumps Vorstellungen – müssten die Grundlage für alle Friedensbemühungen bleiben. Die Arabische Liga in Kairo will an diesem Samstag mit der Führung der Palästinenser zusammenkommen.

Die gegensätzlichen Reaktionen lassen erwarten, dass die Spannungen zwischen den islamischen Staaten in der Region weiter zunehmen werden. Die Türkei und der Iran werden sich noch nachdrücklicher als zuvor als wahre Sachwalter muslimischer Interessen und Beschützer der Palästinenser präsentieren. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fing am Mittwoch gleich damit an. Es sei nicht hinnehmbar, dass Trump ganz Jerusalem zur Hauptstadt Israels machen wolle, sagte er: „Jerusalem ist den Muslimen heilig.“

Doch für die Regierungen von Saudi-Arabien, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten zählen andere Dinge. Die Nahost-Expertin Kristin Smith Diwan vom Gulf Arab States Institute in Washington schrieb schon vor einem halben Jahr, wichtige Golf-Staaten und Israel entdeckten immer mehr ihr gemeinsames Interesse, den Einfluss des Iran in der Region zurückzudrängen. Auch wenn bisher nur Ägypten und Jordanien diplomatische Beziehungen mit Israel haben: Aus besseren Beziehungen mit dem jüdischen Staat ergibt sich ein wachsender Druck aus arabischen Ländern auf die Palästinenser, weitreichenden Zugeständnissen an Israel zuzustimmen.

Möglich ist dieser Kurs, weil arabische Regierungen keinen vehementen innenpolitischen Widerstand gegen eine Politik zu befürchten haben, die die Palästinenser im Regen stehen lässt. Die Menschen in den Golf-Staaten interessierten sich heute weit weniger für das Los der Palästinenser als früher, sagte Ryan Bohl von der sicherheitspolitischen Beratungsfirma Stratfor in einer Video-Analyse. Das verschaffe den Herrschenden bei ihrer Reaktion auf Trumps Plan große Bewegungsfreiheit: „Die Regierungen können den Plan so auslegen, wie es ihren Interessen entspricht.“

Viel Hoffnung hatten die meisten Palästinenser ohnehin nicht in die arabischen Länder gesetzt. In einer Umfrage äußerten im vergangenen Jahr vier von fünf Palästinensern die Überzeugung, dass ihre Volksgruppe von den anderen Arabern im Stich gelassen werde. Nach Veröffentlichung von Trumps Plan dürfte sich diese Einschätzung in der Region weiter verfestigen. Vor hundert Jahren habe die damalige britische Besatzungsmacht fast die Hälfte von Palästina den Israelis gegeben, kommentierte der Politikwissenschaftler Abdulkhalek Abdulla aus den VAE – jetzt händige Trump auch den Rest an Israel aus.

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