Überwachung der Bürger Japan verabschiedet umstrittenes Gesetz gegen "Verschwörung"

Tokio · Japans rechter Regierungschef Shinzo Abe marschiert voran: Nach einem Gesetz gegen Verrat von Staatsgeheimnissen und einer Ausweitung der Rolle des Militärs folgt nun ein Gesetz, das die Planung schwerer Straftaten bestraft. Kritiker befürchten einen Überwachungsstaat.

 Gegen erbitterten Widerstand der Opposition nutzte das Regierungslager von Ministerpräsident Shinzo Abe seine Mehrheit.

Gegen erbitterten Widerstand der Opposition nutzte das Regierungslager von Ministerpräsident Shinzo Abe seine Mehrheit.

Foto:  Kyodo

Ungeachtet wütender Proteste hat Japans rechtskonservative Regierung ein umstrittenes Gesetz zur Vereitelung geplanter schwerer Straftaten durch das Parlament gepeitscht.

Ministerpräsident Shinzo Abe hält das Gesetz für nötig, um mit Blick auf die Olympischen Spiele in Tokio 2020 Terroranschläge zu verhindern. Gegner indes befürchten, dass der Staat die erweiterten Ermittlungs- und Überwachungsmöglichkeiten missbrauchen könnte, um Freiheitsrechte zu beschneiden und Proteste zu unterdrücken.

Angesichts erbitterten Widerstands der Opposition verkürzte das Regierungslager das reguläre Abstimmungsverfahren und ließ das Gesetz nach nächtlichem Gezerre am frühen Donnerstag vom Oberhaus absegnen. Kritiker sehen Japans Demokratie ernsthaft bedroht.

Das Gesetz greift, wenn "Terrorgruppen oder andere organisierte Verbrechergruppen" eine Straftat aus einem Katalog mit 277 Delikten planen oder vorbereiten. Darunter fallen etwa auch Brandstiftung oder Urheberrechtsverletzungen. Justizminister Katsutoshi Kaneda betonte, dass sich das Gesetz ausschließlich auf organisierte kriminelle Gruppen beschränkt und die Straftaten klar definiert seien. Zudem greife das Gesetz nur, wenn tatsächlich Vorbereitungen zu Straftaten erfolgten.

Das Gesetz sei auch nötig, damit Japan die UN-Konvention gegen transnationales Organisiertes Verbrechen ratifizieren könne, so die Regierung. Tausende Bürger protestierten bis in die Nacht und warfen Abe "diktatorisches" Vorgehen vor, das Gesetz durchzupeitschen.

Kritiker halten das Gesetz für zu vage und warnten vor Unterdrückung der freien Meinungsäußerung, Eingriffe in die Privatsphäre und willkürliche Verfolgung von Bürgergruppen und Gewerkschaften. Auch der UN-Sonderberichterstatter für Datenschutz, Joseph Cannataci, hatte kürzlich in einem offenen Brief an Abe vor großen Risiken für die grundlegenden Freiheitsrechte der Bürger gewarnt. Ein Regierungssprecher bezeichnete das Schreiben als "unangemessen" und wies Befürchtungen zurück, das Gesetz führe zu massiver Überwachung.

Das Gesetz ist ein weiterer Schritt in Abes langgehegtem Bestreben, Japans pazifistische Nachkriegsverfassung zu ändern. Zuvor hatte er bereits umstrittene Gesetze gegen Verrat von Staatsgeheimnissen sowie zur Ausweitung der Rolle des Militärs durchs Parlament gebracht. Abe will, dass die Existenz der Selbstverteidigungsstreitkräfte in der Verfassung anerkannt wird. Kritiker werfen ihm vor, Artikel 9, der Japan Krieg und Besitz von Streitkräften untersagt, auszuhöhlen.

Abe möchte, dass die Änderung bis zur Olympiade 2020 erfolgt. Hierfür ist ein Referendum nötig. Kritiker sehen in dem "Verschwörungsgesetz" denn auch ein Mittel, die öffentliche Meinung zu kontrollieren. Trotz Protesten gegen eine Verfassungsänderung und Korruptionsvorwürfen erfreute sich Abe bislang dank einer stabilen Wirtschaft auch nach Jahren im Amt relativ hoher Zustimmungswerte von rund 50 Prozent.

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