Millionen in Not Jemen-Gespräche starten mit Hoffnung und Bangen

Stockholm · Gefangene sollen ausgetauscht, die Kämpfe eingedämmt und die humanitäre Hilfe verbessert werden: Die Jemen-Gespräche beschäftigen sich zunächst damit, Vertrauen im verheerenden Konflikt mit Millionen Notleidenden aufzubauen. Doch der Weg zu einem Durchbruch ist weit.

 Vier Jahre schon dauert der Bürgerkrieg im Jemen. Jetzt beginnen Friedensgespräche in Stockholm.

Vier Jahre schon dauert der Bürgerkrieg im Jemen. Jetzt beginnen Friedensgespräche in Stockholm.

Foto: Hani Mohammed/AP/Archiv

Nach mehr als vier Jahren Bürgerkrieg im Jemen haben Friedensgespräche für das kriegszerrüttete Land begonnen. Millionen Notleidende hoffen dort auf ein Ende ihres Martyriums.

Das Zusammentreffen der Konfliktparteien sei "ein Meilenstein", sagte UN-Vermittler Martin Griffiths zum Auftakt des Treffens zwischen Regierung und Rebellen am Donnerstag in Schweden. "Ich bin sicher, wir werden eine Botschaft des Friedens senden."

Zunächst wurde der Austausch von tausenden Gefangenen zwischen den Rivalen verkündet. Dann begannen die Gespräche - allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern indirekt in getrennten Räumen.

Im Jemen kämpft die international anerkannte Regierung gegen die Huthi-Rebellen, die weite Teile im Norden des Landes sowie die Hauptstadt Sanaa kontrollieren. Die Regierung wird seit 2015 von einer saudisch geführten Koalition unterstützt, die mit ihren Luftangriffen maßgeblich zur Eskalation des Konflikts beigetragen hat.

Die Infrastruktur des Jemens ist infolge von Bombenangriffen und Gefechten teilweise zerstört. In einigen Regionen gibt es keine medizinische Versorgung - die Vereinten Nationen sprechen von der schwersten humanitären Krise der Welt. Dem UN-Nothilfebüro (Ocha) zufolge starben durch die Kämpfe allein etwa 10 000 Zivilisten.

Zum Beginn des Treffens im Ort Rimbo nördlich von Stockholm lobte Griffiths die Zeichen der Deeskalation beider Seiten in den vergangenen Wochen. Er verkündete zudem eine Einigung über einen Gefangenenaustausch: "Dies wird dazu führen, dass Tausende Familien wieder vereint sind." Wann genau der Austausch stattfinden wird, blieb zunächst unklar.

Nach UN-Angaben handelt es sich um die erste formelle Einigung beider Parteien seit Beginn des Konflikts. Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zufolge sind etwa 5000 bis 8000 Gefangene betroffen.

Die Gespräche sollen zunächst dem Aufbau von Vertrauen dienen. Dabei geht es Griffiths zufolge um die Beruhigung der Kämpfe unter anderem in der strategisch wichtigen Hafenstadt Hudaida, die Wiedereröffnung des von der saudischen Koalition blockierten Flughafens in Sanaa, wirtschaftliche Unterstützung sowie den besseren Zugang für humanitäre Hilfe.

Konkrete Verhandlungen über ein politisches Regelwerk zur Beendigung des Krieges werde es noch nicht geben. Man wolle aber über die groben Umrisse einer solchen Regelung reden.

Die Gespräche dürften in den kommenden Tagen trotz der Entspannungssignale und des internationalen Drucks kompliziert werden. Das Außenministerium der jemenitischen Regierung hatte direkt vor den Gesprächen noch einmal darauf gedrungen, dass Hudaida laut einer UN-Resolution von den Rebellen übergeben werden müsse. Die Aufständischen weigern sich allerdings, die Kontrolle über die Stadt aufzugeben, die ihnen Versorgung aus dem Ausland garantiert.

Bundesaußenminister Heiko Maas warnte vor einer humanitären Katastrophe im Jemen, falls die Gespräche scheitern sollten. Es sei Druck auf beide Seiten notwendig, sagte Maas am Donnerstag. Es müsse einen Waffenstillstand und ungehinderte humanitäre Hilfe geben. "Sonst werden dort viele, viele Menschen sterben und das müssen wir unter allen Umständen verhindern."

Das Welternährungsprogramms (WFP) kündigte indessen an, seine Nahrungsmittellieferungen aufzustocken. Bis Ende Januar sollen bis zu 12 der etwa 28 Millionen Jemeniten vom WFP mit Nahrung versorgt werden. Bislang hatte das Programm eigenen Angaben zufolge etwa sieben bis acht Millionen vom Hunger bedrohte Menschen in dem bitterarmen Land auf der arabischen Halbinsel unterstützt. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen forderte für seine Mitarbeiter Zugang zu Bedürftigen sowie den Schutz von Krankenhäusern und Gesundheitspersonal.

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