Eurogruppe Brüssel Jeroen Dijsselbloem: Vom roten Ingenieur zum Mister Euro

BRÜSSEL · "Vielleicht ist es gut, wenn ich erst mal was sage. Sie haben mich ja noch nie reden hören." Mit diesen Worten stellte sich Jeroen Dijsselbloem im Januar 2013 als neuer Chef der Eurogruppe den Brüsseler Journalisten vor.

 Jeroen Dijsselbloem.

Jeroen Dijsselbloem.

Foto: DPA/EPA

Er gehe zum Lachen in den Keller, sei eine schwache Besetzung - all das hatten die Medienvertreter vorher über den Mann geschrieben, der gerade drei Monate als niederländischer Finanzminister im Amt war. Sein Vorgänger Jean-Claude Juncker ließ kaum eine Gelegenheit aus, um Dijsselbloem als schlechte Wahl hinzustellen. Der damalige französische Finanzminister Pierre Moscovici verweigerte dem Niederländer sogar seine Stimme.

Mit beiden arbeitet der studierte Agrarökonom aus Eindhoven wieder zusammen: Der eine ist Kommissionspräsident, der andere Währungskommissar. Und Dijsselbloem hat sich viel Ansehen erworben, er gilt als unumstritten. Nicht zuletzt durch sein Management der Griechenland-Krise.

Sein Meisterstück lieferte der 48-Jährige wohl am 20. Januar ab. Als der neue Athener Kassenwart Gianis Varoufakis ohne ausreichende Verhandlungsvollmacht im Kreis der Kollegen über die Reformbereitschaft seines Landes verhandeln wollte, ließ der niederländische Sozialdemokrat ihn einfach links liegen, rief Premier Alexis Tsipras direkt an und setzte dem die Pistole auf die Brust: "Das oder gar nichts." Tsipras lenkte ein.

Dijsselbloem studierte in Wageningen und im irischen Cork. Seither spricht er fließend Englisch. Mit 19 Jahren trat er in die sozialdemokratische Arbeiterpartei PvdA ein, engagierte sich vor allem für die Landwirtschaft. Die "roten Ingenieure" wurden er und seine Studienkollegen genannt.

Dazu gehört auch sein Freund Diederick Samson, inzwischen Chef der Partei. Er holte Dijsselbloem 2012 an den Kabinettstisch der großen Koalition in Den Haag. Doch mit Finanzpolitik hatte der Vater von zwei Kindern, der mit seiner Lebensgefährtin bis heute einen Hof mit mehreren Schweinen betreibt, zunächst gar nichts im Sinn.

Bildung und Jugendhilfe waren seine Themen. Aber der Jazzliebhaber, der seine knappe Freizeit auf der Brücke eines hochseetüchtigen Bootes verbringt, lernte schnell. Schon als er die Spitze der Eurogruppe übernahm, galt Dijsselbloem als strikter Verfechter einer energischen Haushaltssanierung sowie des Merkelschen Sparkurses. Zunächst verordnete er seinem Land eine radikale Rotstiftpolitik. Dann machte er in der Währungsunion weiter.

Für die Euro-Partner war der Mann eine überraschende Erfahrung. Zum einen hatte es seit Einführung der Gemeinschaftswährung noch nie einen anderen Vorsitzenden als Juncker gegeben. Zum anderen entpuppte sich der Niederländer als jemand, dessen Analysen immer häufiger Beachtung fanden. Wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble heute am Rande eines Ministertreffens in Brüssel betont. "Das hat der Eurogruppenvorsitzende schon alles gesagt", bedeutet das viel.

Inzwischen hat Dijsselbloem so viel Spaß an dem Job, dass er gern im Juli für eine zweite Amtszeit von zweieinhalb Jahren kandidieren würde.

Doch er bringt damit die Bundesregierung in Schwierigkeiten. Nach den Europawahlen vor einem Jahr, als die EU-Spitze neu zusammengesetzt wurde, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy ihre Zusage gegeben, dessen Finanzminister Luis de Guindos zu unterstützen. Eine Entscheidung, die auch Schäuble begrüßte.

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