Präsidentschaftsbewerber in den USA Joe Biden gerät in TV-Debatte unter Druck

USA · Bei der zweiten Debatte der Präsidentschaftsbewerber der US-Demokraten gerät der bisherige Favorit Joe Biden ins Schwitzen. Sein Aufteten war allerdings souveräner als bei der ersten Debatte.

 In der ersten TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber für die US-Wahl 2020 stellten sich der ehemalige Vizepräsident Joe Biden (l-r), Senator Bernie Sanders und Senatorin Kamala Harris kritischen Fragen.

In der ersten TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber für die US-Wahl 2020 stellten sich der ehemalige Vizepräsident Joe Biden (l-r), Senator Bernie Sanders und Senatorin Kamala Harris kritischen Fragen.

Foto: Wilfredo Lee/AP

Wollte man es salopp zu formulieren, könnte man sagen: Joe Biden hat die Nacht überlebt. Falls bereits politische Nachrufe auf ihn geschrieben wurden, haben sie sich als verfrüht erwiesen. Der ehemalige Vizepräsident bleibt Favorit des demokratischen Kandidatenrennens ums Weiße Haus, während sich Elizabeth Warren, die linke Senatorin aus Massachusetts, mit starken Auftritten als seine wohl aussichtsreichste Gegenspielerin profiliert.

Statt erneut Federn zu lassen, nachdem er vor fünf Wochen in der ersten Debattennacht in Miami schlecht ausgesehen hatte, hat er in der zweiten, in Detroit, zumindest nicht weiter an Boden verloren. Wirkte er bei der Premiere wie ein überforderter Veteran, der Jüngeren in puncto Schlagfertigkeit nichts mehr entgegenzusetzen hat, so parierte er die Attacken diesmal deutlich souveräner. Und an Attacken herrschte kein Mangel. Zeitweise drängte sich der Eindruck auf, als hätten sich die neun Parteifreunde, die neben Biden auf der Bühne standen, nur ein Ziel gesetzt: den Spitzenreiter des Feldes ein zweites Mal in Verlegenheit zu stürzen.

Da war Cory Booker, der eloquente Senator aus New Jersey, der den 76-Jährigen daran erinnerte, was harte Paragrafen zur Verbrechensbekämpfung, die er federführend im Parlament einbrachte, in der Praxis bewirkten. Seit den Siebzigern trage jedes Kriminalitätsgesetz den Namen Biden, zitiert er den Politiker, der 1972 erstmals in den US-Senat gewählt wurde, wo er den Zwergstaat Delaware 36 Jahre lang vertrat. Biden, so Booker, trage eine Mitverantwortung, wenn in den USA ein so großer Teil der Bevölkerung in Gefängnissen einsitze, wie es in keinem anderen westlichen Land auch nur annähernd der Fall sei. Und wenn der Anteil von Afroamerikanern, oft mit drakonischer Härte für den Besitz von Drogen bestraft, überproportional hoch sei. „Noch immer sitzen Leute wegen Drogenvergehen hinter Gittern, weil Sie sich dieser harten, hohlen Rhetorik bedienten.“ Der Mann habe das Haus mit in Brand gesteckt, „da werden Sie einen Plan vorlegen müssen, wie man das Feuer austritt“.

Da war Bill de Blasio, der Biden fragte, ob er als Vizepräsident versucht habe, die Deportation illegal Eingewanderter zu stoppen, wie sie bereits unter Barack Obama in großem Stil betrieben wurde. „Sie müssen in der Lage sein, Antworten auf unbequeme Fragen zu geben“, stichelte der Bürgermeister New Yorks. Da war schließlich Kamala Harris, die Biden vorwarf, zu Beginn seiner Karriere allzu bereitwillig mit Senatoren zusammengearbeitet zu haben, die ein Leben lang die Rassentrennung im amerikanischen Süden verteidigten. Hätten sich diese Leute durchgesetzt, säße sie, die Tochter einer Krebsforscherin aus Indien und eines Ökonomieprofessors aus Jamaika, heute nicht im Senat, so wie auch Booker, ein Afroamerikaner, der Kammer nicht angehören würde. „Und Barack Obama wäre nie in die Lage gekommen, Sie für das Amt zu nominieren, dessen Titel Sie heute tragen.“

Diesmal lässt Biden mehr Geistesgegenwart erkennen, als es noch im Juni in Miami der Fall gewesen war. De Blasio etwa lässt er lächelnd wissen, er habe gar nicht gewusst, dass dieser ihm so viel Aufmerksamkeit schenke. Einen sich abzeichnenden Abwärtstrend in den Umfragen könnte er fürs Erste gestoppt haben, was allerdings nichts an seiner Achillesferse ändert: In einer nach links gerückten Partei bietet der Altgediente, der schon in Washington Politik machte, als Obama noch zur Schule ging, mit seinen früheren Positionen viele, womöglich zu viele, Angriffsflächen.

Aber auch Harris, klare Siegerin der ersten Fernsehdebatte und seitdem im Aufwind segelnd, hatte diesmal einen deutlich schwereren Stand. Auch die aufstrebende Senatorin musste sich heftiger Angriffe erwehren, was ihr nicht immer überzeugend gelang. Tulsi Gabbard etwa, Kongressabgeordnete aus Hawaii, kreidet ihr an, als Justizministerin Kaliforniens übertriebene Härte an den Tag gelegt zu haben. Harris, nennt Gabbard ein Beispiel, habe Beweise unterdrückt, die einen unschuldigen Mann aus der Todeszelle befreit hätten, bis ein Gericht sie zur Kehrtwende zwang. Sie habe über 1500 Menschen wegen Marihuana-Konsums ins Gefängnis gebracht – und später nur gelacht, als sie gefragt wurde, ob sie selber jemals Marihuana geraucht habe.

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