Ein Präsident für Europa Juncker legt Vorschläge für eine Reform der EU-Spitze vor

Brüssel · Im Mai 2019 finden die nächsten Europawahlen statt. Das ist nicht viel Zeit, wenn man die Spitze der EU umbauen will. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker legt dazu seine Pläne vor.

Spitzenkandidaten – das ist das Stichwort, das in Brüssel für heiße Diskussionen sorgt. Die Parteienfamilien sollen sich auch im nächsten Jahr hinter einer Führungsfigur versammeln und mit ihr in den Wahlkampf 2019 ziehen. Der Gewinner könnte, wie schon 2014, der geborene Präsident der nächsten Kommission sein.

Vorausgesetzt, dass es den Job dann mit dem heutigen Zuschnitt noch gibt. Jean-Claude Juncker, vor vier Jahren als Frontmann der Christdemokraten Wahlsieger über seinen damaligen sozialdemokratischen Mitbewerber Martin Schulz, legt heute in Brüssel ein weitgehende Reform vor. „Das Spitzenkandidaten-Modell ist keine direkte Präsidentenwahl“, heißt es in den vorab bekannt gewordenen Dokumenten.

„Es gibt keinen Automatismus, dass der Kandidat der Partei mit den meisten Stimmen zum Präsidenten der Europäischen Kommission gewählt wird.“ Stattdessen solle, so die Vorstellungen Junckers, derjenige installiert werden, der „zuerst im Einklang mit dem Vertrag eine Mehrheit im Europäischen Rat und dann im Europäischen Parlament findet.“ Hinzu kommt, dass der Luxemburger die heutigen Jobs an der Spitze der Kommission sowie des EU-Gipfels (offiziell: Europäischer Rat) zu einem Amt verschmelzen will. Das Ergebnis wäre ein EU-Präsident, der wie bei nationalen Regierungen auch sich eine Mehrheit in der Volksvertretung suchen muss.

Machtkampf beim EU-Gipfel

Bisher sind die Wege verschlungen. Denn die europäischen Dokumente lassen den Staats- und Regierungschefs viele Freiheiten. Sie ernennen den Kommissionspräsidenten (derzeit Juncker) ebenso wie den Ratspräsidenten (heute Donald Tusk) mit Mehrheit. Einzige Bedingung: Die Gipfel-Runde muss das Ergebnis der Europawahl „berücksichtigen“. Vor vier Jahren knirschte es genau an dieser Stelle: Juncker wurde zwar vom Volk gewählt. Das Parlament stellte sich auch hinter ihn.

Aber beim EU-Gipfel gab es massive Versuche, Junckers Ernennung doch noch zu verhindern. Ein Machtkampf, den die Abgeordnetenkammer für sich gewann. Denn sie hat ebenfalls großes Gewicht, weil sie den von den Staats- und Regierungschefs bestimmten Bewerber bestätigen muss. Und das kann das Europäische Parlament verweigern.

Juncker selbst werden Äußerungen zugeschrieben, mit denen er seine Autonomie von jeder Institution unterstreichen will: Er sei nicht von einem Haus alleine abhängig, sagte er, sei weder „Sekretär“ des Rates“ noch der „Lakai“ des Parlamentes.

Doch die Vorstellungen des noch amtierenden Präsidenten sind umstritten, nicht zuletzt bei wichtigen Vertretern unter den Staats- und Regierungschefs. Frankreichs Staatsoberhaupt Emmanuel Macron will zumindest bisher von dem Spitzenkandidatenmodell nichts wissen. Der amtierenden deutschen Kanzlerin, Angela Merkel, sagt man große Distanz zu dem Vorschlag nach, den der Kommissionschef höchst selbst präsentieren will. Vielen Regierungen ist eine immer mächtigere Kommission ein Dorn im Auge.

Allerdings dürfte Macron noch andere Probleme mit diesem Weg haben: Der Präsident hat sich bis heute noch nicht einmal festgelegt, zu welcher Parteienfamilie seine Bewegung REM eigentlich gehören soll. Im Straßburger Parlament werden die französischen Abgeordneten immer noch heftig umworben.

Ob Junckers Vorschläge die nächsten Wochen ungerupft überstehen, wird sich bereits in der nächsten Woche zeigen. Dann kommen die Staats- und Regierungschef am Freitag zu einem informellen Gipfel (ohne Beschlüsse) zusammen. Sie wollen die Regeln für die nächste Europawahl beraten.

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