Trotz Haftbefehl Katalanischer Ex-Regierungschef Puigdemont auf freiem Fuß

Brüssel/Madrid · In Spanien sitzen ehemalige katalanische Minister in Haft. Dagegen darf sich der abgesetzte Regierungschef Carles Puigdemont in Belgien zunächst frei bewegen.

 Puigdemont hatte sich am Sonntagmorgen den belgischen Behörden gestellt.

Puigdemont hatte sich am Sonntagmorgen den belgischen Behörden gestellt.

Foto: Nicolas Maeterlinck

Trotz eines europäischen Haftbefehls muss der abgesetzte katalanische Präsident Carles Puigdemont in Belgien zunächst nicht ins Gefängnis. Puigdemont und vier seiner Ex-Minister wurden nach einer Anhörung unter Bedingungen auf freien Fuß gesetzt.

Das entschied ein Untersuchungsrichter in der Nacht zum Montag in Brüssel. Nächster Schritt im Tauziehen um eine mögliche Auslieferung Puigdemonts an Spanien ist eine für den 17. November angesetzte nicht-öffentliche Anhörung vor einem Untersuchungsgericht.

Katalanische Separatisten feierten den Zwischenbescheid aus Brüssel und kritisierten die spanische Justiz, die mehrere katalanische Politiker inhaftiert hatte. Puigdemont selbst erklärte am Montag auf Twitter: "Auf freiem Fuß und das ohne (Zahlung einer) Kaution. Unsere Gedanken sind bei unseren Kameraden, die zu Unrecht von einem Staat inhaftiert wurden, der von der demokratischen Praxis weit entfernt ist."

Puigdemont hatte sich vorige Woche nach Belgien abgesetzt. Hintergrund ist die politische Krise um die mögliche Abspaltung Kataloniens von Spanien. Nach einem Unabhängigkeitsbeschluss des Regionalparlaments hatte die spanische Zentralregierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy die katalanische Führung entmachtet und droht den Separatisten mit Strafverfolgung.

Puigdemont und seinen Ministern wird Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder zur Last gelegt. Allein für die Rebellion drohen ihnen in Spanien bis zu 30 Jahre Haft. Acht frühere Regierungsmitglieder waren nach einer Vorladung in Spanien am Donnerstag in Untersuchungshaft genommen worden. Da Puigdemont und seine Mitstreiter nicht erschienen, beantragte Spanien einen europäischen Haftbefehl.

Die Gesuchten stellten sich am Sonntag in Brüssel der Justiz. Nach einer Befragung ließ sie der Untersuchungsrichter frei - unter der Auflage, dass die Fünf Belgien nicht ohne Zustimmung der Justiz verlassen dürfen. Sie müssen zudem eine feste Adresse in Belgien vorweisen und zu allen gerichtlichen Terminen persönlich erscheinen. Nach den EU-Regeln hat die belgische Justiz 60 Tage Zeit, über die Auslieferung zu entscheiden, in Ausnahmefällen weitere 30 Tage.

In Katalonien erklärte der Sprecher des abgesetzten Bündnisses Junts pel Si (Gemeinsam fürs Ja), Roger Torrent, auf Twitter: "Das ist der Unterschied zwischen einer wirklichen Gewaltenteilung und einem politisierten Justizsystem. Zwischen einer reifen Demokratie und einem gescheiterten Rechtsstaat." Die Bürgerinitiative ANC twitterte: "Große Gerechtigkeitslektion fürs spanische Justizsystem!"

In Belgien sorgt der Fall allerdings für Spannungen in der Regierung. Innenminister Jan Jambon von der separatistischen flämischen Partei NVA hatte am Wochenende öffentlich Zweifel am Vorgehen der spanischen Regierung geäußert. Darauf reagierte Außenminister Didier Reynders am Montag mit Kritik und beklagte beim Sender Bel-RTL die Einmischung belgischer Politiker, die nicht zuständig seien.

Daraufhin gab wiederum NVA-Chef Bart de Wever seinem Parteikollegen Jambon Rückendeckung. "Wenn man schweigt, wenn Politiker nur wegen ihrer eigenen Meinung ins Gefängnis geworfen werden oder wenn Gewalt gegen Bürger eingesetzt wird, dann ist das wie unterlassene Hilfeleistung", sagte de Wever der Webseite VRT. "Es geschehen Dinge, die wir in keinem Land der Europäischen Union tolerieren sollten."

Die EU-Kommission sieht die Krise nach wie vor als interne Angelegenheit Spaniens und den Haftbefehl als Sache der Justiz und lehnte auch am Montag einen Kommentar ab.

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