Kommentar zum Afghanistan-Mandates Keine Exit-Strategie

Meinung | Berlin · Vermutlich geht dieser Einsatz auch noch ins 20., ins 21. und ins 22. Jahr. Afghanistan ist die endlose Geschichte der Bundeswehr. Bei der Nato gilt zwar die alte Devise: gemeinsam rein, gemeinsam raus. Doch der Westen hat für Afghanistan keine Exit-Strategie.

Bei der Inspektion eines Vorkommandos Ende 2001 konnte niemand ahnen, dass 18 Jahre später ein deutsches Kontingent – im Verbund mit Alliierten – noch immer den Auftrag hat, dafür zu sorgen, dass eines Tages womöglich doch noch der Frieden in Afghanistan ausbricht.

Frieden in Afghanistan ist ein schöner Traum – nach beinahe 40 Jahren Krieg und Bürgerkrieg. Regierungen, ausländische Mächte, regionale Warlords und die radikal-islamischen Religionskrieger der Taliban haben das Land mit Grauen, Verwüstung, Instabilität überzogen. In Afghanistan ist nur sicher, dass nichts sicher ist. Würde die Nato-geführte Mission „Resolute Support“ morgen enden, bräuchten die Taliban nicht lange, um weitere Teile des Landes wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Ob Mädchen dann weiter in Schulen und Universitäten gehen dürften, ob Frauen dann noch wählen und arbeiten dürften, dies wären Fragen, die sich wieder neu stellen würden.

Inzwischen ahnen auch die härtesten Krieger: Frieden in Afghanistan wird nicht ohne die Taliban zu machen sein, egal, wie lange die Bundeswehr und andere westliche Armeen noch ihren Einsatzbefehl für Afghanistan haben werden. Zur manchmal traurigen, weil blutigen Realität der Einsatzarmee Bundeswehr werden solche Aufträge auch weiter gehören. Wenn nicht Afghanistan, dann eben in Mali oder Irak. Es gibt viele Krisen auf diesem Erdball, die bewacht werden wollen – auch von und mit deutschen Soldaten. Und diese sollten wenigstens die Gewissheit haben, mit dem bestmöglichen Material in solche Einsätze zu gehen. Wer Teil der Nato-Speerspitze sein will, braucht einen Plan auch bei der Ausrüstung und kein für ein Manöver bei allen Truppenteilen zusammengeliehenes Material und Gerät.

Bei der Nato gilt ja die alte Devise: gemeinsam rein, gemeinsam raus. Doch genau daran hapert es. Der Westen hat für Afghanistan keine Exit-Strategie. Dass sich die Bundeswehr mit den USA bewegt, ist keine Lösung. Verkleinert die Nato-Führungsmacht ihr Kontingent, werden es Deutschland und andere Nato-Europäer auch tun. Umso wichtiger ist das politische Signal, dass Deutschland als Gastgeber wieder eine Afghanistan-Konferenz einberufen will, an der dann auch die Taliban beteiligt werden. Die radikal-islamischen Religionskrieger sind ein Machtfaktor in dem Land am Hindukusch. Machtfaktoren müssen nicht gemocht, aber sie sollten gehört und berücksichtigt werden.

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