Asselborn kritisiert österreichische Regierung Luxemburgs Außenminister warnt vor Auseinanderbrechen der EU

Bonn · Europa könnte an der Flüchtlingsfrage auseinanderbrechen, befürchtet Jean Asselborn, Außenminister Luxemburgs. Zudem übt er scharfe Kritik an der österreichischen Regierung.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat die österreichische Regierung scharf kritisiert, weil sie EU-Mitglieder wie Polen oder Ungarn unterstütze, die sich nicht an einer EU-weiten Verteilung von Flüchtlingen beteiligen wollen. „Wir erreichen nichts, weil sich diese Länder seit 2015 dagegen wehren“, sagte Asselborn im Interview mit dem Bonner General-Anzeiger (Donnerstag). „Und jetzt haben wir zusätzlich das Unglück, dass sich die österreichische Regierung zum Anführer dieser Länder gemacht hat. Das ist unverantwortlich, unsolidarisch und uneuropäisch“. Österreich übernimmt zum 1. Juli turnusgemäß den EU-Ratsvorsitz.

Der Außenminister begrüßte die Einberufung eines informellen EU-Gipfels zum Thema Migration am kommenden Sonntag. „Jede Anstrengung, die unternommen wird, um eine europäische Lösung zu finden, sehe ich als richtig an“, sagte er.

Asselborn warnte davor, dass Europa an der Flüchtlingsfrage auseinanderbrechen könnte. „Das ist für mich der Härtetest für das Weiterbestehen der Europäischen Union“, sagte er. „Wenn wir uns nicht als Europäer gemeinsam um die Asylsuchenden kümmern, ist das das Ende der europäischen Moral in der Flüchtlingsfrage“, so der Außenminister weiter. „Wir dürfen den Menschen nicht glauben machen, dass man das national lösen kann."

Im Asylstreit zwischen CDU und CSU stärkte Asselborn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Rücken. „Merkel hat europäisch gesehen absolut Recht, weil sie eine EU-weite Lösung sucht“, sagte Asselborn. Setze sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) durch, würde man noch mehr Lasten auf die Länder an den EU-Außengrenzen verlagern. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir europäisch vorangehen“, sagte Asselborn und forderte einen verbindlichen Verteilschlüssel für die Flüchtlinge in der EU.

Vehement sprach sich Asselborn gegen Alleingänge bei Grenzkontrollen aus. „Wenn jedes Land wieder seine nationalen Grenzen kontrollieren will, ist Schengen kaputt“, sagte Asselborn mit Blick auf das EU-Abkommen zum Abbau der Grenzkontrollen. Schengen sei vor allem wegen Deutschlands Exportpotenzial erschaffen worden. „Deutschland wird ersticken, wenn Schengen nicht mehr funktioniert. Das muss man Herrn Seehofer zu verstehen geben“.

Asselborn begrüßte die Verständigung von Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über ein Eurozonen-Budget. „Die Bewegung aufeinander zu geht Schritt für Schritt voran. Der Wille ist zurzeit das wichtigste“, sagte der Außenminister. „Deutschland kann nur gewinnen, wenn es ein wenig europäisch gibt, um das zu erhalten, was es groß und stark gemacht hat.“

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