Destabilisierung der Region Maas warnt vor Chaos im Iran - Ruhani unter wachsendem Druck

Berlin/Teheran/Washington · US-Präsident Trump will den Iran mit Sanktionen zu einer Änderung der als aggressiv kritisierten Politik Teherans zwingen. Und nimmt die Welt mit in die Pflicht. Aber viele sträuben sich und warnen, der Schuss könne nach hinten losgehen.

 "Wir halten es nach wie vor für einen Fehler, die Nuklearvereinbarung mit dem Iran aufzugeben", sagt Heiko Maas.

"Wir halten es nach wie vor für einen Fehler, die Nuklearvereinbarung mit dem Iran aufzugeben", sagt Heiko Maas.

Foto: Soeren Stache

Nach dem Inkrafttreten der US-Sanktionen gegen den Iran hat Außenminister Heiko Maas vor einer Verschärfung des Konflikts und einem drohenden Chaos in der Krisenregion gewarnt.

"Wir halten es nach wie vor für einen Fehler, die Nuklearvereinbarung mit dem Iran aufzugeben", sagte der SPD-Politiker der "Passauer Neuen Presse". Das Abkommen sei zwar nicht perfekt, aber auf jeden Fall besser als die Alternative, kein Abkommen zu haben.

US-Präsident Donald Trump hatte im Mai den einseitigen Ausstieg der USA aus dem Abkommen verkündet. Er kritisiert, die Vereinbarung sei untauglich dafür gewesen, den Bau einer Atombombe zu verhindern, und habe die Regierung in Teheran noch dazu mit Geld versorgt. Am Dienstag setzte er die umstrittenen Sanktionen wieder in Kraft - die EU ist dagegen. Sie will europäische Unternehmen davor schützen und das Atomabkommen retten.

Indessen gerät der als gemäßigt geltende iranische Präsident Hassan Ruhani innenpolitisch weiter unter Druck. Das Parlament enthob am Mittwoch Ruhanis engen Vertrauten, Arbeitsminister Ali Rabiei, seines Amtes, wie die Nachrichtenagentur IRNA meldete. Dem Minister wurden steigende Arbeitslosenzahlen und die verspätete Zahlung von Löhnen sowie Korruption vorgeworfen.

Ruhani hatte noch am Montag an die politische Führung appelliert, solidarisch gegen die US-Sanktionen und den "psychologischen Krieg" Trumps gegen den Iran vorzugehen. Weniger als 48 später feuerte das Parlament seinen Minister. Neben den Hardlinern im Parlament stimmten auch neutrale Abgeordnete gegen Rabiei.

Im Gegenzug für die Beschränkung des iranischen Atomprogramms hob der Westen Sanktionen auf. Damit sollten unter anderem Investitionen im Iran und ein wirtschaftlicher Aufschwung ermöglicht werden. Hintergedanke war dabei auch, Hardlinern im Iran durch verbesserte Lebensbedingungen für die Bevölkerung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Diese Rechnung ging aber nicht auf, weil einige US-Sanktionen die ganze Zeit weiterbestanden und vor allem die Finanzierung von Investitionen hemmten.

Der Iran bekräftigte seine grundsätzliche Bereitschaft zu Gesprächen mit den USA. "Wir wollen solche Gespräche ja nicht tabuisieren, aber die müssten Ergebnisse bringen und nicht Zeitverschwendung sein", sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Der Iran habe politische Verhandlungen - auch mit den USA - nie abgelehnt, sagte Sarif in einem Interview der Zeitung "Iran", das von der Nachrichtenagentur Isna aufgegriffen wurde. Teheran bestehe aber stets auf eine klare Agenda im Vorfeld und auf Aussicht auf klare Ergebnisse.

Trump hatte vergangene Woche gesagt, er wäre "jederzeit" ohne Vorbedingungen zu einem Treffen mit der iranischen Führung bereit. Sein Außenminister Mike Pompeo relativierte Trumps Äußerungen jedoch später und schob Bedingungen für ein Treffen nach. Nach Einschätzung Sarifs zeigt genau dies "das Durcheinander in der amerikanischen Außenpolitik".

Der Iran müsse sicher sein, dass Trump nicht wieder aus einer Laune heraus etwas sage und dass das Gesprächsangebot keine "Showeinlage" sei. "Wir sollten alles genau sondieren und auf der Basis unserer nationalen Interessen rational entscheiden", sagte Sarif.

Deutschland forderte die USA auf, europäische Interessen bei der Anwendung von Sanktionen zu berücksichtigen. Die Bundesregierung setze sich weiter für den Erhalt des Atomabkommens ein, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, man befinde sich in Gesprächen mit den Amerikanern. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums betonte, Exportkreditgarantien und sogenannte Hermes-Bürgschaften stünden deutschen Firmen im Iran-Geschäft weiter zur Verfügung.

Maas betonte die Bedeutung des Atomabkommens auch für Deutschland. "Wir kämpfen für das Abkommen, weil es auch unseren Sicherheitsinteressen dient, indem es in der Region Sicherheit schafft und Transparenz herstellt", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Schließlich liege der Iran in der erweiterten Nachbarschaft Europas. "Jeder, der sich einen "Regime Change" erhofft, darf nicht vergessen, dass, was immer auch folgt, uns viel größere Probleme bereiten könnte. Eine Isolierung Irans könnte gerade den radikalen und fundamentalistischen Kräften Auftrieb geben." Und weiter: "Chaos im Iran - so wie wir das in Irak oder in Libyen erlebt haben - würde eine ohnehin schon unruhige Region noch mehr destabilisieren."

Nach Ansicht des CDU-Politikers Elmar Brok hat die EU jedoch nur einen begrenzten Handlungsspielraum beim Schutz europäischer Unternehmen vor US-Strafmaßnahmen. Zwar habe Brüssel rechtliche Voraussetzungen geschaffen, um Unternehmen zu helfen, die trotz der Drohungen Trumps weiter Handel mit dem Iran betrieben. Doch gerade die deutsche Automobilindustrie wolle wegen des Dieselskandals neue Schwierigkeiten in den USA vermeiden, sagte der Europapolitiker im Radioprogramm SWR Aktuell.

Der Autobauer Daimler hat seine Pläne für den Iran wegen der US-Sanktionen bereits auf Eis gelegt. Dafür äußerte Brok Verständnis. Die Wirkungen seien aber katastrophal. "Die Vereinigten Staaten können mit einer extraterritorialen Handelspolitik erzwingen, was sie möchten, wenn das Unternehmen entsprechende Wirtschaftsinteressen in den USA hat." Am Ende entscheide die Größe des Marktes. "Das bedeutet, dass wir dadurch wirtschaftlich eine Politik stützen, die im Mittleren Osten auf Konfrontation aus ist und nicht auf Lösung von Problemen."

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