Kommentar zur Regierungsbildung in Frankreich Macron spielt die konservative Karte

Meinung | Paris · Der versprochene Neuanfang ist Emmanuel Macron nicht wirklich geglückt. Er spiele die konservative Karte aus, kommentiert unser Autor.

 Emmanuel Macron (vorne) hat sich zur Regierungsumbildung in Frankreich geäußert.

Emmanuel Macron (vorne) hat sich zur Regierungsumbildung in Frankreich geäußert.

Foto: AP/Charles Platiau

Mit unverbrauchten Talenten in einer neuen Regierungsmannschaft wollte der Präsident den ökologischen Wiederaufbau Frankreichs in Angriff nehmen und gleichzeitig Wirtschaftskompetenz beweisen. Dabei setzt er allerdings auf erstaunlich viele alte Namen.

Schon die Präsentation des neuen Premierminister Jean Castex am Freitag zeugte von Mutlosigkeit und taktischem Kalkül. Dessen Vorgänger Èdourd Philippe musste offensichtlich gehen, weil er als Regierungschef beim Volk zuletzt wesentlich beliebter war, als der Präsident. In der Corona-Krise strahlte Philippe bei allen seinen Auftritten jene Qualitäten aus, die der Staatschef in den Augen der Franzosen so schmerzlich vermissten lässt: Ruhe, Sicherheit und Konstanz.

Besonders bitter für Emmanuel Macron ist es, dass sich nicht ein einziger prominenter Vertreter der Grünen bereiterklärt hat, ein Ministeramt zu übernehmen. Aus der Riege der Öko-Partei erntet der Präsident vor allem Spott für sein neues Programm, in dem der Umweltschutz ein wesentlicher Pfeiler sein soll. Ein Ziel von Macron war es, den aktuellen großen politischen Erfolg der Grünen für sich selbst nutzen. Das hat er zumindest bei der Besetzung der Ministerposten nicht geschafft.

Daraus zieht er rigoros die Konsequenzen. Die Zusammensetzung der Regierung zeigt, dass er bei der Präsidentenwahl in zwei Jahren – und darauf zielen alle seine politischen Schachzüge ab - auf das Mitte-Rechts-Lager setzt.

Am symbolträchtigen 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, will Emmanuel Macron dem Volk noch einmal die wichtigsten Linien seiner Politik für die nächsten zwei Jahre seiner Amtszeit vorstellen. Ob ihm die Mehrheit der unzufriedenen Franzosen zuhören wird, ist inzwischen mehr als fraglich.

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