Parlamentsneuwahl in Spanien Spanien rückt nach Parlamentsneuwahl nach rechts

Madrid · Die Sozialisten von Spaniens Premier Pedro Sánchez haben die Parlamentsneuwahlen zwar gewonnen – die Bildung einer Regierung wird aber noch schwieriger.

 Spanien rückt nach der Parlamentsneuwahl nach rechts.

Spanien rückt nach der Parlamentsneuwahl nach rechts.

Foto: dpa/Emilio Morenatti

„Dieses Mal wird es klappen“, rief Spaniens sozialistischer Premier Pedro Sánchez in der Nacht zum Montag seinen Anhängern zu. „Wir werden eine progressive Regierung haben.“ Aber diese Ankündigung klang nicht sehr euphorisch. Kein strahlendes Lächeln erhellte das Gesicht des Siegers dieses Urnengangs – es war schon die vierte Parlamentswahl in vier Jahren. Sánchez’ ernstes Mienenspiel machte deutlich: Es gibt keinen Grund zum Feiern und die Aussichten sind eher trübe.

Zur Katerstimmung hat auch Sánchez, der seine Partei in den letzten zwei Jahren aus dem Tal geführt und wieder zur größten politischen Kraft des Landes gemacht hatte, beigetragen. Denn seine Rechnung war dieses Mal nicht aufgegangen: Er hatte darauf gesetzt, mit dieser Neuwahl seine magere Mehrheit ausbauen und so endlich eine stabile Regierung bilden zu können. Doch die Wähler machten bei diesem Wahlpoker nicht mit. „Sanchez’ Plan ist fehlgeschlagen“, kommentierte die nationale Tageszeitung ABC.

Sánchez gewann mit seiner sozialdemokratisch ausgerichteten Partei zwar diese Wahlwiederholung. Aber eine klare Mehrheit für eine Regierungsbildung holte er nicht. Er musste sogar kleine Einbußen hinnehmen: Die Sozialisten sanken auf 28 Prozent der Stimmen und verloren damit drei Abgeordnete. Nun haben sie nur noch 120 Sitze im Parlament – kaum mehr als ein Drittel der insgesamt 350 Mandate. Damit bleibt Sánchez weit von der absoluten Mehrheit entfernt, die bei 176 Sitzen liegt.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch sein potentieller, aber eigenwilliger Bündnispartner, die linke Partei Podemos (Wir können), schwächelt und nun nur noch auf 12,8 Prozent kam. In den letzten Monaten waren Gespräche zwischen Podemos und Sozialisten über einen Regierungspakt gescheitert. Dies hatte die Neuwahl am vergangenen Sonntag zur Folge.

Die zweite Hiobsbotschaft dieses Wahlsonntags war der nationale Rechtsruck, der mit dem steilen Aufstieg der rechtspopulistischen Partei Vox einherging. Vox wurde mit 15,1 Prozent der Stimmen zur drittstärksten Kraft im Parlament. Die Rechtsaußenpartei eroberte 52 Abgeordnetenmandate und konnte ihre Präsenz damit mehr als verdoppeln. Die Partei ist, darin sind sich die Analysten einig, mit dem Aufflammen des Unabhängigkeitskonflikts in der spanischen Region Katalonien gewachsen. „Wir sind die patriotische Alternative“, sagte Vox-Chef Santiago Abascal in der Wahlnacht.

Durch den Aufstieg der Rechtspopulisten ist die Lage im Parlament noch schwieriger geworden. Das Auftauchen der Rechten sorgte bereits in den letzten Monaten dafür, dass sich der Ton im Abgeordnetenhaus verschärft hatte. Und dass die Gräben zwischen dem progressiven und dem konservativen Lager noch tiefer wurden. Dies macht die politische Zusammenarbeit zwischen den beiden Blöcken, die etwa gleich stark sind und sich gegenseitig blockieren, praktisch unmöglich.

Die konservative Volkspartei hatte am Sonntag zwar moderat auf 20,8 Prozent zugelegt. Aber Grund zum Jubeln gab es ebenfalls nicht: Es war das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte. Volksparteichef Pablo Casado hatte davon geträumt, zusammen mit der bürgerlich-liberalen Partei Ciudadanos (Bürger) und Vox die Regierung zu übernehmen. Aber daraus wurde nichts, weil der bisherige Höhenflug der Liberalen mit einer Bauchlandung endete.

Der schon seit Monaten andauernde politische Stillstand in Spanien, der vor allem der Kompromissunfähigkeit der großen nationalen Parteien zuzuschreiben ist, lässt die kleinen Regionalparteien wachsen. Nicht nur die Separatistenbewegungen aus Katalonien und dem Baskenland konnten nun Zuwächse verbuchen und zusätzliche Abgeordnetenmandate holen. Auch regionale Bewegungen aus Valencia, Galicien und Aragonien zogen ins Parlament ein, das nun mit insgesamt 19 Parteien noch zersplitterter ist, als es bisher schon war. Die Bildung von parlamentarischen Mehrheiten dürfte damit noch komplizierter werden.

Die verfahrene Lage sorgte am Montag für einen verzweifelten Appell der Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau. Die linksalternative Politikerin forderte die progressiven Parteien Spaniens auf, sich endlich zusammenzuraufen. „Entweder schweißen wir endlich ein linkes Bündnis zusammen, oder wir werden zur Hölle fahren“, schrieb sie auf Twitter.

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