Regionalwahlen in Frankreich Marine Le Pen hat die Rechte dauerhaft etabliert

Frankreich · Wieder hat Frankreich gewählt, diesmal in seinen 13 Regionen, und nach der ersten Runde am Sonntag sprechen alle nur von Marine Le Pen, der unaufhaltsamen Erfolgsserie ihres Front National (FN) und der Unfähigkeit der anderen Parteien, ihr etwas entgegenzusetzen.

Klang es bislang noch aufgeblasen, wenn ihn die 47-Jährige zur "ersten Partei Frankreichs" und dem "wahren Sprachrohr des französischen Volkes" erklärte, so geben ihr die Wahlergebnisse jetzt Recht: Mit landesweit 27,73 Prozent liegt die extreme Rechte vor den mit den Zentrumsparteien alliierten Republikanern (26,65 Prozent) und den Sozialisten, die mit 23,12 Prozent der Stimmen zumindest weniger schlecht abschnitten als befürchtet.

Das Ergebnis ist in erster Linie Marine Le Pens Erfolg, die selbst als Spitzenkandidatin in der wirtschaftlich geschwächten Nord-Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie rund 41 Prozent geholt hat. Ähnlich hoch ist mit knapp 41 Prozent das Ergebnis ihrer Nichte Marion Maréchal-Le Pen in der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur. Außer in Korsika hat sich der Front National in allen 13 Regionen für die zweite Runde am nächsten Sonntag qualifiziert, also dort jeweils mehr als zehn Prozent erhalten. Insgesamt lag der FN in sechs Regionen an der Spitze.

Doch wie braun Frankreichs Wahlkarte am Sonntagabend auch sein wird - schon handelt es sich um das aus ihrer Sicht beste Resultat der extremen Rechten, das auch jene von Parteigründer Jean-Marie Le Pen übertrifft. Und so drückte Marine Le Pens begeistertes Strahlen am Wahlabend wohl nicht nur den Triumph über ihre politischen Rivalen aus. Sondern auch jenen über den eigenen Vater.

Als jüngste seiner drei Töchter wurde sie seit ihrer Kindheit von seinen rechtsnationalen Ideen geprägt, litt in der Schule unter Anfeindungen aufgrund ihres Nachnamens, entschied sich aber nach einer kurzen Tätigkeit als Anwältin für eine Karriere in der Familien-Partei.

Seit sie diese Anfang 2011 von Jean-Marie Le Pen übernommen hat, versucht sie den Spagat zwischen einer Zufriedenstellung des unberechenbaren Patriarchen und der zunehmenden Abgrenzung von seinen unverhohlen rassistischen und antisemitischen Provokationen. Diese stören ihre "Strategie der Entdämonisierung", mit der sie den Front National salonfähig machen will. Mit Erfolg: Heute empfinden 46 Prozent der Franzosen einen Wahlsieg des Front National als "nicht schlimm".

Dabei wettert er weiterhin scharf gegen Einwanderer, Muslime und Europa , spricht sich für die Wiedereinführung der Todesstrafe und eine Abschaffung des Euro aus.

Die zweifach geschiedene Mutter dreier Kinder kommt zudem mit ihrer Angriffslust und einfachen Formulierungen in den Medien an. Und so schadete es ihr auch nicht, als sie nun den Ausschluss ihres Vaters als bisherigen Ehrenpräsidenten aus der Partei betrieb. Diese funktioniert längst ohne ihn.

"Es gibt keinen Schock, kein Aufschrecken", betonte sie gestern. "Der Front National gewinnt Wahl für Wahl das Vertrauen der Franzosen." Obwohl auch der Front National mit Korruptionsvorwürfen zu kämpfen hat, stellt er sich als Alternative zu einer Politik dar, die enttäuscht.

Und die nun ratlos erscheint. Als letzte Möglichkeit bleibt die Fusion von Wahllisten von gemäßigter Linker und Rechter. Im Rahmen einer solchen "republikanischen Front" könnte sich der drittplatzierte Kandidat zurückziehen, um seine Wähler für den Gegenbewerber des Front National abstimmen zu lassen.

Dazu hat Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis in jenen Gebieten aufgerufen, wo die extreme Rechte hohe Gewinnchancen hat. Doch während sich der sozialistische Listenführer in der Ostregion Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen, Jean-Pierre Masseret, weigert, sprach sich auch Republikaner-Chef Nicolas Sarkozy dagegen aus.

Seit Langem streiten die Konservativen über die Haltung gegenüber der extremen Rechten: Besteht sie in der Abgrenzung oder in der Annäherung an deren Positionen, wie Sarkozy sie betreibt? Der Ex-Präsident rühmt sich zwar, die "einzige Alternative" darzustellen.

Doch das Wahlergebnis straft ihn schon diesmal Lügen und womöglich auch im Frühjahr 2017, wenn er nochmals bei den Präsidentschaftswahlen antreten will. Genau wie Marine Le Pen. Auch wenn sie wohl nicht gewinnen wird - im Zentrum der Debatten könnte dann erneut jene Frau stehen, die Frankreichs politische Landschaft derart durcheinanderwirbelt.

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