Parteitag der Republikaner Mike Pence: „Amerika ist eine Nation der Wunder“

Analyse | Washington · Der amtierende US-Vizepräsident Mike Pence kandidiert offiziell ein zweites Mal als Trumps Stellvertreter. In seiner Rede auf dem Parteitag der Republikaner attackierte er Kontrahent Joe Biden heftig und versuchte, dessen Sprachbilder zu konterkarieren.

 Mike Pence, Vizepräsident der USA, spricht im Fort McHenry National während des Parteitages der Republikaner.

Mike Pence, Vizepräsident der USA, spricht im Fort McHenry National während des Parteitages der Republikaner.

Foto: dpa/Andrew Harnik

Gerade in Wahlkampfzeiten haben Vizepräsidenten „attack dogs“ zu sein, angriffslustige Wadenbeißer, die den politischen Gegner so heftig attackieren, dass sich die Nummer eins – theoretisch – vornehm zurückhalten und die eher konstruktiven Töne anstimmen kann. Auch wenn Donald Trump gern selber austeilt, so hat sein Stellvertreter Mike Pence auf dem Parteitag der Republikaner bewiesen, dass er sich aufs Reiten von Attacken versteht. Was der Mann zeichnete, war das Bild eines Gegners, Joe Bidens, der zum einen Amerika nicht begreift und zum anderen Amerika an den Abgrund der Anarchie führen würde, sollte er dereinst regieren.

Er sei ein Verbündeter des Lichts, während der Amtsinhaber für die Finsternis stehe, hatte der Herausforderer vorige Woche auf dem Wahlkongress der Demokraten gedichtet. Darauf Pence, am Mittwochabend im historischen Fort McHenry in der Küstenstadt Baltimore: „Wo Joe Biden Finsternis sieht, sehen wir amerikanische Größe“. Biden, griff er eine weitere Redezeile des Kontrahenten Trumps auf, habe gesagt, in der Pandemie werde es keine Wunder geben. „Was Joe nicht zu begreifen scheint: Amerika ist eine Nation der Wunder.“ Man sei auf gutem Wege, schob er hinterher, bis zum Jahresende den ersten sicheren Corona-Impfstoff der Welt zu entwickeln.

Bevor er ins amerikanische Repräsentantenhaus und später ins Gouverneursamt Indianas gewählt wurde, hatte Pence eine eigene Radiosendung. In den Neunzigern zählte er zu einer wachsenden Schar von Radiotalkern, die dem Vorreiter Rush Limbaugh nacheiferten und mal plaudernd, mal agitierend konservative Werte vermittelten. Er versteht sich auf das Formulieren einfacher Zeilen und jenen optimistischen Ton, der unbekümmertes Ärmel-Aufkrempeln suggerieren soll. Zudem versteht er sich darauf, zugespitzte Fragen zu stellen. Mit Blick auf den 3. November, sagt Pence, möge sich jeder Wähler fragen, wem er am ehesten zutraue, die Wirtschaft wiederaufzubauen.

„Einem Karrierepolitiker, der die langsamste ökonomische Erholung seit der Großen Depression zu verantworten hatte? Oder einem erprobten Anführer, der die großartigste Volkswirtschaft der Welt erschuf?“ An anderer Stelle lobt er Trump, ohne Versäumnisse beim Corona-Krisenmanagement auch nur zu erwähnen, für die „größte nationale Mobilisierung seit dem Zweiten Weltkrieg“.

Im opulent mit Flaggen geschmückten Fort McHenry, dem Ort, auf den die amerikanische Nationalhymne zurückgeht, lässt er weder Zweifel noch Grautöne zu, er kennt nur Schwarzweißmuster. Das gilt auch für die Eskalation in Kenosha, einer 100 000-Einwohner-Stadt in Wisconsin, wo ein Polizist sieben Mal auf den 29 Jahre alten Jacob Blake feuerte, den Afroamerikaner so schwer verletzte, dass er offenbar querschnittsgelähmt ist, und damit heftige Proteste provozierte. Auf den Auslöser der Ausschreitungen geht der Vizepräsident nicht ein, er verkündet betont entschlossen: „Lassen Sie mich klarstellen, die Gewalt muss ein Ende haben“. „Wir werden Recht und Ordnung auf den Straßen Amerikas haben.“ In Joe Bidens Amerika, sagt er noch, wäre niemand mehr sicher. Denn Biden sei nur das Trojanische Pferd der radikalen Linken.

Kristi Noem, die Gouverneurin South Dakotas, in der Gerüchteküche eine Zeit lang als Ersatz für Pence gehandelt, spricht von der Anarchie, die sich in Seattle, Portland, Washington oder New York breitmache – in Städten, in denen die Demokratische Partei die Bürgermeister stellt. Wer es sich leisten könne, sei längst aus diesen Städten geflohen. „Hart arbeitende Amerikaner dagegen sind dort auf sich allein gestellt.“ Richard Grenell, bis vor Kurzem Botschafter in Berlin, ein undiplomatischer Diplomat, der seinem Gastland gern Lektionen erteilte, singt ein Loblied auf das „America first“. Er habe in erster Reihe beobachten können, wie unnachgiebig Trump die Interessen seines Landes vertrete. „Ich habe gesehen, wie Präsident Trump die Kanzlerin Deutschlands umgarnte, während er darauf bestand, dass Deutschland seinen Nato-Verpflichtungen nachkommt“, sagt Grenell. Er wünschte, alle Amerikaner könnten miterleben, wie er in ihrem Namen verhandle.

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