EU-Betrugsbekämpfer Olaf schlägt immer häufiger zu

BRÜSSEL · Die "Operation Snake" (Schlange) gehört zu den Erfolgsgeschichten von Olaf. Das europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf ist die Abkürzung des französischen Namens Office Européen de Lutte Anti-Fraude) hatte im März 2014 einen Tipp bekommen.

Zusammen mit den Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten und der Generalverwaltung des chinesischen Zolls machten die Fahnder Jagd auf 1500 Container.

Die Behälter waren prall gefüllt mit Mobiltelefonen, Elektronik-Artikeln und anderen Waren für den europäischen Markt, deren Wert man aber in den Papieren so weit nach unten korrigiert hatte, dass den EU-Behörden rund 80 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgangen wären, wenn die Sache nicht kurz zuvor aufgeflogen wäre.

Das ist nur eine von 250 Operationen, die Olaf im Vorjahr erfolgreich abschließen konnte. 1417 Hinweisen sei man nachgegangen, sagte Olaf-Chef Giovanni Kessler am Dienstag, als er den Jahresbericht 2014 vorstellte. Nie zuvor habe man so viele Tipps von Bürgern und offiziellen Stellen erhalten.

234 Verfahren wurden neu eröffnet. Binnen 21 Monaten konnten die Vorgänge im Schnitt abgeschlossen werden. "Wir haben uns auf die Fälle konzentriert, in denen der größte Handlungsbedarf bestand und bei denen wir mit unserem Eingreifen wirklich etwas bewegen konnten."

Doch die Erfolgsgeschichte des Amtes ist umstritten. Vor allem die Europa-Abgeordneten beäugen die Selbstdarstellung von Olaf kritisch. Ingrid Gräßle, Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments, sagt: "Wir wurden in den vergangenen Jahren systematisch angelogen."

Da seien Fallzahlen aufgegliedert worden, um besser dazustehen. Fälle seien sogar extra eröffnet und kurz darauf wieder geschlossen worden, um die Erfolgsstatistik "künstlich aufzublasen und die Untersuchungsdauern zu senken". Tatsächlich gibt es viel Kritik an der fehlenden Unabhängigkeit von Olaf. Gräßle und andere halten den Betrugsbekämpfern vor, an der kurzen Leine der EU-Kommission zu hängen und nicht wirklich offen und autonom reagieren zu können.

Ein Auslöser des Streits ist der Olaf-Untersuchungsbericht zum überraschenden Rücktritt des damaligen EU-Gesundheitskommissars John Dalli im Oktober 2012. Das Papier über eine mögliche Kampagne der Tabak-Lobby gegen den missliebigen Kommissar wurde bis heute nicht veröffentlicht. Später tauchten Spekulationen auf, denen zufolge Olaf Zeugen für die Anhörung im Parlament beeinflusst haben soll.

Im Tätigkeitsbericht des Vorjahres spielen diese Dinge keine Rolle mehr. Stattdessen belegen die Betrugskämpfer der EU, dass sie auf breiter Front nicht nur gegen Schmuggler und Zoll-Betrüger erfolgreich waren, sondern die missbräuchliche Verwendung von europäischen Fördermitteln stoppen konnten.

Insgesamt habe das Amt, so dessen Chef Kessler, der Kommission empfohlen, 901 Millionen Euro von den Empfängern in mehreren Mitgliedstaaten zurückzufordern, weil die Gelder aufgrund mangelnder Eignung der Projekte nicht hätten überwiesen werden dürfen.