Marienwallfahrtsort Knock Papst bittet nach Missbrauchsfällen in Irland um Vergebung

Dublin · Sexueller Missbrauch und Gewalt gegen Kinder haben die Kirche im katholischen Irland in Verruf gebracht. Bei seinem Besuch verurteilt der Papst die Übergriffe und bittet um Vergebung. Reicht das den Opfern?

 Papst Franziskus kommt in Knock an. Er hält sich zu einem zweitägigen Besuch in Irland auf.

Papst Franziskus kommt in Knock an. Er hält sich zu einem zweitägigen Besuch in Irland auf.

Foto: Peter Morrison/AP

Papst Franziskus hat bei einem Besuch in Irland die tausendfachen sexuellen Misshandlungen von Kindern durch katholische Geistliche in dem Land scharf verurteilt.

"Ich bitte den Herrn inständig um Vergebung für diese Sünden, für den Skandal und Verrat, den so viele in der Familie Gottes empfinden", sagte das Kirchenoberhaupt am Sonntag bei einem Besuch im Marienwallfahrtsort Knock im Westen Irlands. Die Taten seien eine "offene Wunde", die die Kirche herausforderten, "fest und entschlossen die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu suchen".

Irland gehört zu den Staaten, in denen Priester und Ordensschwestern massiv Kinder und Frauen missbrauchten und misshandelten. Kritiker halten dem Pontifex jedoch vor, seinen Worten keine Taten folgen zu lassen. Mit acht ausgewählten Opfern hatte sich Franziskus am Samstag getroffen. Darunter auch Marie Collins, die als ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission zu den prominentesten Missbrauchs-Überlebenden zählt. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur kritisierte sie anschließend, dass der Papst keine zusätzlichen Strukturen aufbauen wolle, um die systematische Vertuschung von Missbrauchstaten aufzuarbeiten.

"Ich bin enttäuscht über die Weigerung, mehr Rechenschaftsstruktur einzuführen und eine robustere, unabhängigere Struktur", sagte Collins. Positiv sei dagegen gewesen, dass Franziskus die Vertuschung eindeutig benannt habe. Das werde es in Zukunft schwerer machen, die Vorgänge zu leugnen.

Den Worten Taten folgen zu lassen forderte auch Regierungschef Leo Varadkar. Der Papst solle seinen Einfluss nutzen, um für "Gerechtigkeit und Wahrheit" in den Missbrauchsfällen der katholischen Kirche in Irland und weltweit zu sorgen, sagte Varadkar bei einem Empfang zum Auftakt der Reise am Samstag in Dublin. Gleichzeitig sprach er von einer "gemeinsamen Geschichte von Leid und Schande", in der auch der irische Staat eine unrühmliche Rolle gespielt habe.

Die Vorfälle in Irland sind nur Teil eines weltweiten Problems, mit dem die katholische Kirche zu kämpfen hat. Für Aufsehen gesorgt hatten Mitte August erschütternde Ermittlungsergebnisse in den USA. Laut Staatsanwaltschaft haben sich mehr als 300 katholische Priester im Bundesstaat Pennsylvania in den vergangenen 70 Jahren an Tausenden Kindern vergangen. Franziskus reagierte mit einem Schreiben an alle Katholiken, in dem er den Missbrauch verurteilte.

Auch in Deutschland gibt es Forderungen nach einer besseren Aufarbeitung der Missbrauchsskandale in der Kirche. Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" fordert dafür eine unabhängige Kommission. "Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen sehr deutlich, die Kirche alleine kann es nicht machen", sagte Sprecher Christian Weisner der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach von der dramatischsten Krise, die die Kirche je erlebt habe.

Der letzte Besuch eines Papstes in Irland liegt schon beinahe 40 Jahre zurück. Johannes Paul II. wurde 1979 unter großem Jubel empfangen. Damals war die katholische Kirche dort noch weitgehend unumstritten - der größte Teil der Bevölkerung ging noch regelmäßig am Sonntag in die Kirche. Noch immer bekennen sich viele Iren zum katholischen Glauben, doch das Land hat sich grundlegend verändert.

Erst im vergangenen Mai stimmten die Iren für eine Lockerung des strengen Abtreibungsverbots. Im Jahr 2015 führte Irland als erstes Land der Welt per Volksentscheid die Homo-Ehe ein.

Regierungschef Varadkar, der sich offen zu seiner Beziehung mit einem Mann bekennt, sagte kurz vor dem Papstbesuch, er sei froh, dass die katholische Kirche nicht mehr so viel Einfluss in Irland habe. Im Beisein des Papstes warb er für ein "neues Kapitel" in der Beziehung zwischen seinem Land und der katholischen Kirche, bei der die Kirche zwar nicht mehr im Zentrum der Gesellschaft stehe, aber weiterhin eine "wichtige Rolle" habe.

Zehntausende Menschen jubelten Franziskus zu, als er am Samstag im Papamobil durch die irische Hauptstadt fuhr, unter den Zuschauern waren auch Kritiker des Papstes. Nachdem der Argentinier Obdachlose traf, sprach Franziskus bei einer Feier zu Familien im Croke-Park-Stadion in Dublin. Mehr als 80 000 Menschen kamen zu dem Event, bei dem auch Star-Tenor Andrea Bocelli und die irische Tanzgruppe Riverdance auftraten.

Der eigentliche Anlass der Reise war das Weltfamilientreffen, das wie der Papstbesuch am Sonntag zu Ende ging. Zur Abschlussmesse am Nachmittag feierte der Pontifex eine Messe unter freiem Himmel mit Hunderttausenden Gläubigen. Zeitgleich fanden auch Mahnwachen für die Opfer von Missbrauch statt.

Am Sonntag ereilten Franziskus selbst Vorwürfe, wonach er Missbrauch vertuscht haben soll. Der ehemalige Botschafter des Vatikans in Washington, Carlo Maria Vigano, behauptete in einem elfseitigen Schreiben, Franziskus habe schon länger von gravierenden Vorwürfen gegen den kürzlich abgetretenen US-Kardinal Theodore McCarrick gewusst und diesen trotzdem protegiert. Das Schreiben veröffentlichte unter anderem die konservative katholische Zeitung "National Catholic Register". Vigano war von 2011 bis 2016 Nuntius in Washington und gilt als Kritiker des Argentiniers. Der Vatikan wollte die Vorwürfe nicht unmittelbar kommentieren. Vigano lieferte in seinem Schreiben keine Beweise.

Franziskus hatte den Rücktritt von McCarrick im Juli angenommen und ihm zudem Hausarrest verordnet. Er muss sich in den USA gegen Vorwürfe sexueller Belästigung Minderjähriger und Priesteranwärter verteidigen. Er musste auch den Kardinalstitel abgeben.

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