Stichwahl wahrscheinlich Präsidentenwahl in Georgien geht wohl in die Verlängerung

Tiflis · Die Georgier haben aus 25 Kandidaten ihren neuen Präsidenten gewählt. Doch entschieden wird das Rennen wohl erst in einer Stichwahl. Egal wer gewinnt: Die Macht des Staatsoberhaupts wird künftig geringer sein.

 Salome Surabischwili, ehemalige Außenministerin und unabhängige Kandidatin der Regierungspartei Georgischer Traum, tritt höchstwahrscheinlich in einer Stichwahl gegen Grigol Waschadse an.

Salome Surabischwili, ehemalige Außenministerin und unabhängige Kandidatin der Regierungspartei Georgischer Traum, tritt höchstwahrscheinlich in einer Stichwahl gegen Grigol Waschadse an.

Foto: Shakh Aivazov/AP

Die Suche nach dem neuen Staatsoberhaupt der Südkaukasusrepublik Georgien mündet höchstwahrscheinlich in einer Stichwahl. Nach ersten Prognosen erreichte keiner der Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag die absolute Mehrheit, wie georgische Medien berichteten.

Es deutete demnach alles auf ein knappes Rennen zwischen Salome Surabischwili und Grigol Waschadse hin, beide einst Außenminister der Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer. Sie kamen demnach jeweils auf gut 40 Prozent der Stimmen.

Surabischwili trat als unabhängige Kandidatin an und wurde von der Regierungspartei Georgischer Traum unterstützt. Sollte die 66-Jährige die Wahl gewinnen, würde erstmals eine Frau ins höchste Staatsamt einziehen. Sie galt im Vorfeld als Favoritin, verlor zuletzt aber laut Umfragen in der Wählergunst. Die Karrierediplomatin war einst als französische Botschafterin in Tiflis stationiert, hat inzwischen aber nur noch die georgische Staatsbürgerschaft.

Mit belastbaren Ergebnissen wurde erst in der Nacht zum Montag gerechnet. Die Regierungspartei erklärte am späten Abend jedoch, dass es eine Stichwahl geben werde. Die Wahlbeteiligung im ersten Durchgang lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 46,7 Prozent. Zu einer Stichwahl kommt es dann, wenn keiner der Kandidaten auf Anhieb mehr als 50 Prozent der Stimmen erhält.

Gut 3,5 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen. 25 Kandidaten hatten sich um die Nachfolge von Präsident Giorgi Margwelaschwili beworben, der nicht erneut angetreten war.

Mit der Wahl tritt zugleich eine Verfassungsreform in Kraft, wonach ab 2023 ein Wahlmännergremium den Präsidenten bestimmen soll und nicht mehr das Volk. Das künftig nur noch fünf statt sechs Jahre amtierende Staatsoberhaupt hat mit der Verfassungsänderung überwiegend nur noch repräsentative Aufgaben.

Waschadse beklagte während der Abstimmung laut russischen Medien Unregelmäßigkeiten und sprach von vielen Beschwerden. Der Vorsitzende der oppositionellen Arbeiterpartei, Schalwa Natelaschwili, rief zu Protesten im Falle von Wahlfälschungen auf. Medienberichten zufolge konnten zudem Bewohner einiger Gebirgsdörfer im Norden Georgiens nicht an der Wahl teilnehmen, weil der Transport mobiler Wahlurnen in die Regionen aufgrund von Schneefall nicht möglich gewesen sei.

Der deutsche Wahlbeobachter und Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko zeigte sich mit Blick auf einen zweiten Wahlgang besorgt. "Dann werden die Spannungen im Land erheblich größer werden", sagte der Linken-Politiker, der für den Europarat in Georgien im Einsatz ist. Er verwies auf Aussagen Waschades im Wahlkampf, im Falle eines Wahlsieges den früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili zu begnadigen. Dieser war wegen Amtsmissbrauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt worden und lebt nun in den Niederlanden.

Georgien wird militärisch von den USA unterstützt. Das Land strebt zum Schutz vor Russland den Beitritt zu EU und Nato an. Moskau unterstützt dagegen die abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien, die ihre Unabhängigkeit von Georgien erklärt haben.

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