Vor Wahl in Brasilien Proteste gegen Präsidentschaftskandidaten Bolsonaro

São Paulo · "Ele não" - alle, nur nicht Jair Bolsonaro - eine Woche vor der Präsidentenwahl in Brasilien demonstrieren Zehntausende gegen den Ex-Militär. In Umfragen liegt er trotzdem vorne. Bolsonaro kann derweil das Krankenhaus verlassen.

 "Ele não" ("Der nicht"): Demonstranten protestieren in Curitiba gegen Jair Bolsonaro.

"Ele não" ("Der nicht"): Demonstranten protestieren in Curitiba gegen Jair Bolsonaro.

Foto: Henry Milleo

Gut eine Woche vor der Präsidentenwahl in Brasilien haben Zehntausende Menschen gegen den rechtsextremen Kandidaten Jair Bolsonaro demonstriert.

Allein in der Wirtschaftsmetropole São Paulo versammelten sich nach Angaben der Organisation "Landarbeiter ohne Boden" (MST) am Samstag rund 200.000 Menschen. Unter dem Titel "Ele não" (auf Deutsch: "Der nicht") hatten vor allem Frauenverbände zu Protesten gegen den Ex-Militär Bolsonaro aufgerufen.

Auch in den sozialen Netzwerken machten die Verbände gegen die als rassistisch und frauenverachtend eingestuften Aussagen des 63-Jährigen mobil. Sie dürfe zwar noch nicht wählen, protestiere aber trotzdem, sagte die 16-jährige Ana Clara Pontes der Deutschen Presse-Agentur in Río de Janeiro. Es gehe ums Prinzip. "Eine so rassistische und engstirnige Person darf nicht an die Macht kommen." Auch in der Küstenstadt hatten sich Tausende Menschen im Viertel Cinelandia versammelt.

Bolsonaro ist dafür bekannt, dass er gegen Homosexuelle und Schwarze hetzt und die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht. Immer wieder schockiert er mit verbalen Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, "weil sie sehr hässlich ist". Ein anderes Mal sagte er, die Anhänger der linken Arbeiterpartei des Ex-Präsidenten Inácio Lula da Silva sollten erschossen werden.

In der Hauptstadt Brasilia mischten sich die Proteste mit einer Kundgebung des Präsidentschaftskandidaten der Arbeiterpartei (PT), Fernando Haddad. Er trat an die Stelle Lulas, der wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden war und deshalb nicht kandidieren darf. Bolsonaro solle sich besser schon mal an seinen Namen gewöhnen, sagte Haddad in seiner Rede.

Auch Bolsonaro-Unterstützer zeigten Präsenz auf der Straße. Unter dem Hashtag #TodosComBolsonaro ("Alle für Bolsonaro") riefen sie zu Märschen für den Politiker auf. An der Strandpromenade der Copacabana schwenkten sie brasilianische Flaggen.

Der Anfang September bei einem Messerangriff verletzte Bolsonaro konnte währenddessen am Samstag das Krankenhaus verlassen. "Endlich zu Hause", schrieb der Politiker auf Twitter.

Der 63-Jährige war während einer Wahlkampfveranstaltung in Südbrasilien auf offener Straße angegriffen worden. Nach seiner Entlassung war zunächst noch unklar, ob der 63-Jährige in der letzten Woche vor der Präsidentenwahl am 7. Oktober öffentliche Auftritte wahrnehmen wird. Auf Twitter verbreitete er Videos von Demonstrationen seiner Anhänger.

In den Umfragen liegt Haddad, ein früherer Bürgermeister der Millionenstadt São Paulo, bislang weit hinter dem rechtsextremen Kandidaten Bolsonaro. Der "Trump Brasiliens" mischt zwar schon lange im Politikbetrieb mit, präsentiert sich neuerdings aber als Anti-System-Kandidat. Erreicht keiner der Kandidaten in der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit, gibt es am 28. Oktober eine Stichwahl. Beobachter gehen davon aus, dass Bolsonaro aus dieser nicht erfolgreich hervorgehen wird - egal, gegen wen er antritt.

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