Front National siegt in der ersten Runde der Regionalwahlen Rechtsruck in Frankreich

Paris · Das "historische Ergebnis", das Marine Le Pen vor der ersten Runde der französischen Regionalwahlen angekündigt hatte - sie fuhr es gestern ein.

 Umgeben von Leibwächtern tritt Rechtspopulistin Marine Le Pen vor die Kameras.

Umgeben von Leibwächtern tritt Rechtspopulistin Marine Le Pen vor die Kameras.

Foto: dpa

Mit einem triumphierenden Strahlen trat die Rechtspopulistin am Abend vor ihre Anhänger und erklärte, ihre "nationale Bewegung" sei künftig die stärkste Frankreichs, "die einzige, die die Souveränität und Freiheit verteidigt". Tatsächlich übertraf ihr rechtsextremer Front National mit gut 30 Prozent der Stimmen landesweit alle Erwartungen - oder, je nach Perspektive, Befürchtungen.

In der Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie, wo die Parteichefin selbst als Spitzenkandidatin antrat, erreichte sie fast 42 Prozent der Stimmen, ebenso wie ihre Nichte, die 25-jährige Marion Maréchal-Le Pen, in der Region Provence-Alpes-Côte d`Azur. Insgesamt führt die Partei in sechs Regionen, darunter auch im Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen mit Parteivize Florian Philippot an der Spitze sowie im Languedoc-Roussillon-Midi-Pyrénées, wo Marine Le Pens Lebensgefährte Louis Aliot die Liste anführte.

Ein definitives Ergebnis wird es erst nach der zweiten Runde am nächsten Sonntag geben. Doch schon jetzt scheint wahrscheinlich, dass der Front National erstmals mindestens eine Region regieren könnte. Das bedeutet einen wichtigen Erfolg für Marine Le Pen, die die Partei lokal verankern will, um sich eine breite Machtbasis zu schaffen.

Umfragen zufolge profitierte sie vom Schock der Pariser Terror-Anschläge, der die Bereiche Sicherheit, Einwanderung und nationale Identität in den Fokus rückte und das Bedürfnis nach einer autoritären Stimme stärkte, wie Le Pen sie verkörpern will. Vor diesem Hintergrund gingen lokale Themen im Wahlkampf unter, obwohl die Regionen nach einer Gebietsreform, die ihre Zahl von 23 auf 13 verringerte, künftig mehr Kompetenzen erhalten.

Während bei den Wahlpartys der extremen Rechten ausgelassen die Champagner-Korken knallten, herrschte bei den Sozialisten enttäuschte Bitterkeit, die nur rund 23 Prozent der Stimmen erzielten und nur in drei Regionen führt. Noch am Wahltag hatte Regierungschef Manuel Valls versucht, Wähler zu mobilisieren, indem er erklärte, nach den Pariser Terroranschlägen sei "der Stimmzettel unsere Waffe". Doch während nur gut jeder zweite der 44,6 Millionen Berechtigten zur Wahl ging, blieb die Anhängerschaft der Linken zuhause - sie ist enttäuscht von der Regierung.

Diese hatte gehofft, die zu erwartende Niederlage könne noch abgefedert werden, da die Beliebtheitswerte von Präsident François Hollande, der nach den islamistischen Anschlägen als standfester Landesvater aufgetreten war, zuletzt spektakulär angestiegen waren. Wohl nicht zufällig präsentierte er sich kurz vor der Wahl auf dem Flugzeugträger "Charles de Gaulle", den Frankreich zur Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat vor die syrische Küste verlegt hat. Doch von dem viel gelobten Krisenmanagement profitierte seine Partei nicht.

Regierte sie bislang in allen Regionen außer dem Elsass und Korsika, so wird sie wohl die meisten abgeben müssen. Auch die wichtige Hauptstadtregion könnte an die Republikaner fallen.

Dennoch hat Nicolas Sarkozys Partei keinen Grund zum Jubeln: Der zweite Platz seiner Republikaner und der Zentrumsparteien mit nur 27 Prozent hinter dem Front National ist eine herbe Enttäuschung. Sarkozy interpretierte das Ergebnis als Ausdruck einer "tiefen Sehnsucht der Franzosen nach Veränderungen" und beklagte gestern das "Misstrauen, das an unserem Land nagt". Seine Partei sei die einzig mögliche Alternative zur Regierung, die eine "gefährliche Unordnung" schaffe.

Erneut schloss er eine Koalition in jenen Regionen aus, wo der Front National führt, um eine "republikanische Front" gegen ihn aufzustellen und ein Bollwerk gegen ihn zu schaffen; dafür hatten sich vor der Wahl nicht nur einige Sozialisten ausgesprochen, sondern auch Konservative wie Ex-Premierminister Alain Juppé. Doch Sarkozy gab den Ton vor - erbarmungslosen Wahlkampf bis zum entscheidenden Durchgang am Sonntag.

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