Bürgerkriegsland Syrien Russland, Türkei und Iran vereinbaren Schutzzonen

Istanbul · Zum ersten Mal seit Ausbruch des Krieges in Syrien vor sechs Jahren zeichnet sich ein internationaler Konsens über die Bildung von Schutzzonen in dem Bürgerkriegsland ab.

 Der Bürgerkrieg brach in Syrien vor sechs Jahren aus.

Der Bürgerkrieg brach in Syrien vor sechs Jahren aus.

Foto: picture alliance / dpa

Nachdem US-Präsident Donald Trump solche Schutzgebiete für Zivilisten unterstützt hatte, befürwortete auch der russische Präsident Wladimir Putin nach einem Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan den Schutzzonen-Plan. Auch der Iran ist mit an Bord. Erdogan sieht sich bestätigt – er fordert solche Zonen seit Langem, auch weil er damit die Bildung eines Kurdenstaates in Nord-Syrien verhindern will. Doch das Vorhaben könnte an den gegensätzlichen Interessen der Akteure in Syrien scheitern.

Mit Blick auf die zwei Millionen syrischen Flüchtlinge im Land setzt sich die Türkei seit Langem für die Schaffung bewachter Gebiete in Syrien ein, die für Rückkehrer zur Verfügung stehen sollen. In den demilitarisierten Schutzzonen soll ein militärisches Flugverbot gelten. Ankara will ganz neue Städte in Nord-Syrien aus dem Boden stampfen, in denen die Heimkehrer leben könnten. Bisher traf die Forderung auf wenig Gegenliebe: Syrien lehnt Schutzzonen als Verletzung seiner Souveränität ab, und ein UN-Mandat für den Plan ist nicht in Sicht.

Nun aber sind sich Trump, Putin und Erdogan im Grundsatz einig. Laut türkischem Außenministerium soll die nordwestsyrische Stadt Idlib ganz in eine Schutzzone umgewandelt werden – dort waren Anfang April mehrere Dutzend Menschen bei einem mutmaßlichen Giftgasangriff der syrischen Luftwaffe ums Leben gekommen. Die Attacke löste Trumps Raketenangriff auf eine syrische Luftwaffenbasis aus. Weitere Schutzzonen sind demnach in den Provinzen Aleppo, Latakia, Hama, Homs, Daraa, Kuneitra sowie bei Damaskus vorgesehen.

Erdogan sprach auf dem Rückflug von seinem Treffen mit Putin in der Schwarzmeerstadt Sotschi vor mitreisenden türkischen Journalisten von „Waffenstillstands-Zonen“. Sollten die Gebiete tatsächlich eingerichtet werden, wäre der Syrien-Konflikt zur Hälfte gelöst, sagte der türkische Präsident. Da Putin den Plan unterstützt, wird angenommen, dass Russland seinen Verbündeten Syrien in dieser Frage zum Einlenken zwingen würde. Ungeklärt ist, wer die Schutzzonen kontrollieren soll – und das könnte den ganzen Plan wieder zunichtemachen.

Nicht alle beteiligten Akteure sind sich einig darüber, welche Gruppe als terroristisch einzustufen ist und damit als lokale Schutzmacht von Zivilisten ausfällt. So dürfte eine Rolle der syrischen Kurden bei der Sicherung der Gebiete auf den Widerstand Ankaras stoßen. Offen ist auch, was mit den vielen verschiedenen Milizen geschehen soll, die in Syrien kämpfen und die entwaffnet oder aus den Schutzzonen vertrieben werden müssten.

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