Kommentar zum Jahrestag der Proteste von Charlottesville Schandfleck

Meinung | Washington · Zu den nachhaltigen Kollateralschäden der Präsidentschaft Donald Trumps gehört die Abwesenheit eines ethisch-moralischen Ankers.

Seit der für nahezu jede Schäbigkeit empfängliche Geschäftsmann im Amt ist, gilt das Weiße Haus nicht mehr als Ort, an dem in der Regel das Richtige vom Falschen und das Gute vom Bösen unterschieden wird. Nichts steht dafür so sehr wie Trumps Totalversagen, als vor einem Jahr in Charlottesville ein rassistisch motivierter Angriff eine Tote und Dutzende Verletzte forderte. Wie der im Wahlkampf latent auch auf die Stimmen weißer Fanatiker schielende Trump damals das von Judenhass und Rassenwahn geprägte Auftreten der Ultrarechten relativierte und legitimierte, bleibt ein Schandfleck in der amerikanischen Geschichte.

Dass er bis heute keinen glaubwürdigen Versuch unternahm, zwischen sich und den "Wir holen uns unser Land zurück"-Radikalen eine unüberwindbare Brandmauer zu ziehen, hat Auswirkungen. Die in viele Fraktionen aufgesplitterte Rechte verspürt mit jeder neuen ehrabschneidenden Attacke, die der Präsident vorzugsweise gegen prominente Afroamerikaner aus Politik, Sport und Kultur (zuletzt Basketballstar LeBron James, CNN-Moderator Don Lemon oder die Kongressabgeordnete Maxine Waters) vom Stapel lässt, indirekt Ermutigung. Begünstigt wird Trumps mit der amerikanischen Verfassung auf Kriegsfuß stehende Haltung durch eine republikanische Partei, die es aufgegeben hat, den Präsidenten unmissverständlich zu moralischer Klarheit und Anstand zu zwingen.

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