Wahlkampf in den USA Schlammschlacht um Clintons E-Mails

Washington · Der FBI-Chef James Comey steht massiv unter Druck wegen angeblicher Einflussnahme auf die US-Wahl. Offen wird von Wahlkampfhilfe für Trump gesprochen.

Hat Untersuchungen gegen Hillary Clinton wieder aufgenommen: FBI-Chef Comeys Ermittlungen kommen für die Kandidatin ungelegen.

Hat Untersuchungen gegen Hillary Clinton wieder aufgenommen: FBI-Chef Comeys Ermittlungen kommen für die Kandidatin ungelegen.

Foto: AFP

Die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher Amerikas ist ein FBI-Klassiker. Seit gestern mehren sich im Lager der Demokraten die nur leidlich scherzhaft gemeinten Rufe, den Chef der Bundespolizei, James Comey, in die „Most Wanted“-Liste aufzunehmen. Und zwar wegen „unzulässiger Wahlbeeinflussung“ wenige Tage vor der Wahl des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Mit der unerwarteten Reanimierung der E-Mail-Affäre um die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton habe sich der 55-Jährige „in beispielloser Weise zwischen alle Stühle gesetzt“, schreiben US-Medien.

Rückblick: Der von Obama ins Amt berufene Karriere-Beamte hatte am Freitag Kongress-Abgeordnete darüber informiert, dass Untersuchungen im Zusammenhang mit Clinton, die im Juli von ihm eingestellt worden waren, wieder aufgenommen werden.

Grund: Bei einem „Beifang“ in anderer Sache seien eventuell vertrauliche Informationen gefunden worden. Comey gab keine Details bekannt. Auch nicht, ob die Untersuchungen bis zur Wahl am 8. November abgeschlossen werden. Er betonte aber, dass offen sei, ob die Informationen in der Causa Clinton „signifikant“ sind. Man müsse es prüfen. Hintergrund: Im Frühjahr 2015 wurde bekannt, dass Clinton als Außenministerin ihre digitale Post gegen Sicherheitsbedenken über einen privaten Computer-Server erledigen ließ. Das FBI schaltete sich ein.

Seit Fahnder auf einem Computer von Clintons engster Beraterin, Huma Abedin, über 1000 E-Mails gefunden haben wollen, auf die auch deren Noch-Ehemann Anthony Weiner Zugriff gehabt haben soll, lobt der in Umfragen zuletzt zurückgefallene Trump das FBI über den grünen Klee. Er wittert Morgenluft auf der Zielgeraden und versucht Clinton, die ohnehin in der Bevölkerung als wenig vertrauenswürdig gilt, einen staatstragenden Skandal à la Watergate anzudichten. Dabei liegen die Dinge vielleicht viel profaner.

Weiner ist ein gescheiterter Ex-Kongress-Abgeordneter, der wiederholt Intim-Fotos von sich via Handy an fremde Frauen versendet hatte. Darunter auch an eine 15-Jährige, was das FBI auf den Plan rief. Abedin trennte sich im Sommer von ihm. Nicht ohne vorher nach Recherchen des renommierten Journalisten Michael Isikoff das FBI darauf hinzuweisen, dass ihr triebgesteuerter Gatte den gleichen Computer wie sie benutzt. Ergo: Möglicherweise Mails von Clinton gesehen haben könnte, die ihn nichts angehen. Das FBI blieb tatenlos.

Auf Comey prasselt Kritik von vielen Seiten ein. Offen wird von Wahlkampfhilfe für Trump gesprochen. Wie Investigativ-Journalisten undementiert ausbreiten, hat das FBI bis heute nicht einmal die Genehmigung, die angeblich brisanten E-Mails zu durchforsten.

Unterdessen wird in Sicherheitskreisen über Comeys Motiv spekuliert. Er habe wissen müssen, dass eine Intervention gegen den Ethik-Kodex verstößt, der 60 Tage vor der Wahl nicht nur dem FBI größte Zurückhaltung auferlegt. Der Clinton-feindliche Buch-Autor Ed Klein streut dagegen die These, Comey habe den Druck von innen nicht mehr ertragen. Etliche FBI-Agenten hätten nach dem „Freispruch zweiter Klasse“ für Clinton im Juli Rücktrittsgesuche eingereicht. Klein will wissen: „Comey ist in den vergangenen vier Monaten um zehn Jahre gealtert.“

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