Hass und Beleidigungen im Internet So hetzte das Netzwerk "Ligue du LOL" gegen Frauen

Paris · In Frankreich hat über Jahre ein Netzwerk namens "Ligue du LOL" im Internet gegen Frauen gehetzt. Sehr spät sind nun die Konsequenzen gezogen worden.

Die „Ligue du LOL“ war kein Altherrenverein. In der Gruppe hatten sich nicht alte, weiße Männer zusammengerottet, die überkommenen Hierarchien nachtrauern und für die Emanzipation eine Art Schimpfwort ist. Die Clique aus Journalisten, Werbern und Digitalberatern, die Frauen und Minderheiten über Jahre mit Hass überschütteten waren junge, gebildete, eher linke Intellektuelle, die bis heute Frankreichs Medienlandschaft prägen. Die meisten von ihnen waren gerade einmal Mitte 20, als sie die „Ligue du LOL“ (LOL steht für „Laughing Out Loud“, zu Deutsch: „Laut auflachen“) gründeten.

Das ist ein Teil der Erklärung, weshalb der Skandal in Frankreich so hohe Wellen schlug, als die Gruppe Mitte Februar aufflog. Immer mehr Frauen trauten sich, offen von den Machenschaften der „Ligue“ und ihrem eigenen Leiden zu berichten. Anfang dieser Woche hat die Zeitung „Libération“ schließlich bekannt gegeben, dass sie nach eingehenden internen Ermittlungen ihren Online-Chefredakteur Alexandre Hervaud wegen gravierender Verfehlungen entlassen habe. Auch auf die die Mitarbeit des freien Journalisten Vincent Glad werde in Zukunft verzichtet, heißt es. Beide waren Mitglieder der „Ligue du LOL“. Schon vorher haben andere Medienunternehmen Journalisten wegen der Zugehörigkeit zu der Gruppe gefeuert.

Vor allem Vincent Glad, der die etwa 35-köpfige Facebook-Gruppe im Jahr 2009 gegründet hatte, zeigte sehr späte Reue. Sie hätten die sozialen Netzwerke als Spielplatz gesehen, auf dem man „einfach Spaß“ haben konnte, erklärte er. „Ich habe ein Monster erschaffen, das mir völlig entglitten ist“, rechtfertigte sich Glad auf Twitter. Manche Mitglieder behaupteten, von dem Cybermobbing überhaupt nichts mitbekommen zu haben.

Für die betroffenen Frauen waren die Hetze und der Hass, der ihnen von der „Ligue du LOL“ entgegenschlug überhaupt kein Spaß. Feministische Autorinnen, Journalistinnen und YouTuberinnen berichten davon, wie sie sexistische Beleidigungen ertragen mussten. Viele erhielten pornografische Fotomontagen, in die ihre Gesichter montiert waren. „Mehrere Jahre lang waren ich und andere feministische Freundinnen das Ziel dieser kleinen Pariser Typen, die sich über uns lustig machten“, sagte die Aktivistin Daria Marx der Zeitung „Libération“.

Die Attacken der „Ligue du LOL“ hatten deshalb eine so große Wirkung, weil ihre Mitglieder über enorme Follower-Zahlen verfügten. So wurde die angegriffene Person schnell zum Ziel von Beleidigungen aus allen Richtungen. Einige der betroffenen Frauen zogen sich wegen der Hetze von der öffentlichen Bühne zurück. Andere versuchten, aus der Schusslinie zu kommen. Die Wirtschaftsjournalistin Léa Lejeune schrieb in einem Beitrag auf „Slate.fr“, sie habe irgendwann aufgehört, über feministische Themen zu schreiben und sich nur noch auf unverfänglichere Wirtschaftsthemen konzentriert.

Inzwischen fragen sich viele, wie die „Ligue du LOL“ so lange ihr Unwesen treiben konnte. Die meisten trauten sich offensichtlich schlicht nicht, sich mit der als „cool Kids“ bewunderten Gruppe anzulegen. Sie hatten die Macht, Leute bekannt zu machen – oder deren Karrieren zu zerstören. Natürlich gab es Stimmen, die das Netzwerk kritisierten, die wurden aber nicht wahrgenommen. Erst als die Zeitung „Libération“ Hinweisen in den sozialen Netzwerken hartnäckig nachging, wurde die "Ligue du LOL" zum Skandal - fast zehn Jahre nach Gründung der Facebook-Gruppe.

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