Schuppenwischerei So reagiert Frankreich auf Macron und Trump

Paris · Beim Staatsbesuch von Emmanuel Macron in Washington zeigten er und US-Präsident Donald Trump gestenreich ihre Nähe – die bei Fragen wie dem Iran-Abkommen letztlich so groß nicht ist.

Wenn zwei Männer sich so gerne im Rampenlicht inszenieren wie Emmanuel Macron und Donald Trump und dabei versuchen, persönliche Nähe und virile Rivalität zugleich zu demonstrieren, dann kommen wohl Szenen wie jene am Dienstagabend dabei heraus. „Wir haben eine ganz besondere Beziehung“, verkündete der US-Präsident bei einer gemeinsamen Pressekonferenz und begann, an Macrons Anzugjacke herumzuwischen, um – wie er sagte – dort Schuppen zu entfernen. „Wir müssen ihn perfekt machen. Er ist perfekt“, sagte Trump über seinen Gast, der breit grinsend dastand.

Ähnlich forsch ging der US-Präsident bei seinem Besuch in Paris im Juli letzten Jahres mit Macrons Frau Brigitte um. Der damals 64-Jährigen bescheinigte er, sie sei „gut in Form“. Beobachter interpretierten dies als anzügliche Anspielung auf den Altersunterschied von 25 Jahren des Ehepaars Macron.

Bei dessen Gegenvisite in Washington handelte es sich nun um den ersten Staatsbesuch eines ausländischen Gastes seit Trumps Amtsantritt. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag zu einem nüchternen Arbeitstreffen anreist, wurden Emmanuel und Brigitte Macron in großem Pomp empfangen, unter anderem mit einem Dinner mit Donald und Melania Trump im Landsitz Mount Vermon des einstigen US-Präsidenten George Washington – eine Replik auf das vorhergegangene Abendessen auf dem Eiffelturm und die Einladung der Trumps auf die Ehrentribüne während der Parade am französischen Nationalfeiertag.

Herzlichkeit oder Erniedrigung?

Dennoch bestehen Zweifel über die Ehrlichkeit der zur Schau gestellten Herzlichkeit. War der Hinweis auf angebliche Schuppen eine freundschaftlich-vertraute, ja fast väterliche Geste Trumps? Oder die gezielte Erniedrigung des allzu selbstbewusst auftretenden jungen Kollegen? Handelte es sich gar um eine kleine Rache für den legendären Händedruck bei der ersten Begegnung der beiden Staatsmänner beim Nato-Gipfel im Mai 2017, der in eine Art Armdrücken ausartete? Macron festige damit sein Image als Mann, der sich auch bei den Mächtigsten der Welt Respekt zu verschaffen wusste.

Das kommt in Frankreich an, wo Misstrauen vor einer zu großen Dominanz der USA vorherrscht und Trump anders als sein Vorgänger Barack Obama wenig Beliebtheit genießt. Wenn Macron dennoch einen guten Draht zu ihm sucht und sich für die Beteiligung neben den Briten am jüngsten Militärschlag der USA auf Chemiewaffenlager des syrischen Regimes eng mit Trump abstimmte, dann um die gestiegene Bedeutung des Landes auf internationaler Bühne und als Vorreiter Europas zu betonen.

Ob Macron als „US-Präsidenten-Flüsterer“ seinen unberechenbaren Kollegen jenseits des Atlantiks in strittigen Fragen beeinflussen kann, gilt aber als ungewiss – vom angekündigten Rückzug der USA aus dem Pariser Klima-Abkommen bis zur Drohung von Strafzöllen auf Aluminium und Stahl aus Europa. Unmittelbar vor seinem Besuch hatte der französische Staatschef in einem Interview mit Trumps Lieblingssender „Fox News“ seinen Wunsch betont, dass die USA ihre Truppen noch länger in Syrien belassen und erklärt, ihre Beziehung sei auch so besonders, weil es sich bei ihnen beiden um „Außenseiter des Systems“ handele.

Vor allem wollte Macron Trump von einer Aufkündigung des Iran-Abkommens abbringen, das dieser erneut als „schlechtesten Deal aller Zeiten“ bezeichnete. Es gebe „weder eine bessere Option noch einen Plan B“, erwiderte Macron, der einen neuen Vertrag anbot und bei aller Nähe „Meinungsverschiedenheiten“ mit Trump eingestand. Über sie vermochten all die Komplimente und Tätscheleien nicht hinwegzutäuschen.

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