Erster Weltkrieg Stadtarchiv zeigt Fotos vom Leben in Bonn

BONN · Frauen arbeiten in den Fabriken, Kinder schuften in der Landwirtschaft, verwundete Soldaten werden in provisorischen Lazaretten gepflegt: Der Erste Weltkrieg forderte Millionen Opfer und brachte unendliches Leid über Familien.

Schmorbraten mit Rotkohl und Kartoffeln kochen die Frauen Heiligabend 1916 in der Kriegsküche an der Burbacher Straße.

Schmorbraten mit Rotkohl und Kartoffeln kochen die Frauen Heiligabend 1916 in der Kriegsküche an der Burbacher Straße.

Foto: Stadtarchiv Bonn

Doch während die Soldaten an den Fronten ums Überleben kämpften, versuchten Frauen, Kinder und Alte das Leben in den Städten aufrechtzuerhalten. Dokumentiert wird das durch eine Vielzahl historischer Fotografien. Das Bonner Stadtarchiv und die Stadthistorische Bibliothek, das Stadtmuseum und die Volkshochschule stellen 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges einige besonders eindrucksvolle Aufnahmen im Rahmen verschiedener Veranstaltungen und Vorträge vor.

Akkurat in Reih und Glied sind die Getreidesäcke aufgestellt, das Zuckerlager in der Turnhalle der Karlschule scheint gerade noch einmal gefegt worden zu sein. Und auch die Kartoffelvorräte in der Bonner Uni lagern fein säuberlich. "Auf allen Bildern wird deutlich, dass mit aller Macht auf Ordnung und Struktur Wert gelegt wird", erklärt Stadtarchivmitarbeiterin Sabine Krell bei der Durchsicht.

[kein Linktext vorhanden]Dass Bonn heute über viele historischen Abzüge verfügt, das ist Friedrich Adolf Knickenberg, dem ersten Bonner Stadtarchivar, zu verdanken. Denn er beauftragte Hermann Gross damit, das Leben in der Stadt in Fotos festzuhalten. Zwar war Gross eigentlich Schneider mit Nähstuben in der Goeben- und der Weberstraße, doch Anfang des 20. Jahrhunderts machte er sein Hobby zum Beruf und verdiente sein Geld mit Landschafts- und Kunstaufnahmen.

Bonn im Ersten Weltkrieg
13 Bilder

Bonn im Ersten Weltkrieg

13 Bilder

"Durch seine Bilder haben wir heute ein realistisches Bild der Zeit und können das damalige Lebensgefühl nachempfinden", so Krell. Immer wieder dokumentierte Gross, wie die Frauen die Aufgaben und Arbeiten der Männer übernahmen: ob in der Rüstungsindustrie oder in Fabriken, beim Anlegen von Kartoffelmieten im Hofgarten oder bei der Ernte in der Gronau. Die Kinder waren derweil in Kriegskindergärten untergebracht oder spielten mit ihren älteren Geschwistern auf den Straßen.

"Damit trotz Berufstätigkeit der Mutter das Familienleben aufrecht erhalten werden konnte, fuhren die mobilen Kriegsküchen durch die Straßen. Es war nicht nur bequem, sich dort eine warme Mahlzeit im "Henkelmännchen" zu holen, sondern es war auch preiswert.

"So konnten die Familien eigentlich nur überleben", so Krell. Wer mittags Zeit hatte, der ging in eine der vielen Kriegsküchen. Frauen, Kinder, Studenten, aber auch Arbeiter, die in der Nähe beschäftigt waren, bekamen dort ein warmes Essen. Einige dieser Fotos sind heute auch beim "Tag der Archive" in Bonn unter dem Motto "Frauen - Männer - Erster Weltkrieg" zu sehen.

Mehr als 20 verschiedene Veranstaltungen werden Stadtarchiv, Stadthistorische Bibliothek, Stadtmuseum und Volkshochschule in den kommenden Wochen anbieten, die sich vor allem mit den lokalen Bezügen der Ereignisse vor 100 Jahren beschäftigen.

Vorträge und Führungen

Im Stadtarchiv Bonn startet der Tag der Archive heute, Samstag, um 10.15 Uhr im Lesesaal mit einem Vortrag von Norbert Schloßmacher über die Geschichte des Stadtarchivs. Die erste Führung durch das Magazin um 10.30 Uhr richtet sich an Kinder, eine weitere Kinderführung folgt um 15.30 Uhr.

Wer wissen möchte, wie das Archiv im Magazin angelegt ist, der sollte sich um 11.30 Uhr anschließen. Eine Einführung in die Kriegssammlung des Archivs geben die stellvertretende Stadtarchivleiterin Yvonne Leiverkus und ihre Mitarbeiterin Katja Georg um 12 Uhr in einem Vortrag im Lesesaal. Einen Schwerpunkt auf das Thema "Dokumentation" legt die Führung um 12.30 Uhr, während um 13.30 Uhr die Bibliothek im Mittelpunkt steht.

Stadtarchivmitarbeiterin Sabine Krell zeigt um 14 Uhr Fotos mit Bonner Ansichten während des Ersten Weltkriegs. Ihr Kollege Markus Ernzerhoff referiert um 16 Uhr über personenbezogene Quellen dieser Zeit. Auch diese Vorträge finden im Lesesaal statt. Die letzte Führung des Tages wird um 16.30 Uhr für Gehörlose angeboten.

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