Musterland in Westafrika Steinmeier in Ghana: Reformpartnerschaft statt Flucht

Accra · Ghana gilt als politisch stabil, wirtschaftlich geht es besser als in den meisten Ländern Westafrikas. Und doch machen sich auch von hier viele Tausend Menschen auf den Weg nach Europa. Der Bundespräsident setzt auf Investitionen und Arbeitsplätze.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einer Führung durch eine Ausbildungswerkstatt des Fahrzeugherstellers Scania in Accra.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einer Führung durch eine Ausbildungswerkstatt des Fahrzeugherstellers Scania in Accra.

Foto: Bernd von Jutrczenka

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem Besuch in Ghana eindringlich vor den Gefahren für Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland und Europa gewarnt. Vielen drohe "der Albtraum moderner Sklaverei", sagte Steinmeier laut Redemanuskript mit Blick auf erschreckende Berichte aus Libyen.

"Wir müssen den jungen Menschen Hoffnung geben und ihnen echte Perspektiven in ihrer Heimat anbieten", betonte er am Abend bei einem Staatsbankett.

Die Förderung von Investitionen und die Bekämpfung von Fluchtursachen stehen im Mittelpunkt der viertägigen Westafrika-Reise des Bundespräsidenten. Er wird von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) und einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Am Mittwoch fliegt er nach Gambia weiter.

In einem Interview der ghanaischen Tageszeitung "Daily Graphic" erklärte er, es sei eine gemeinsame Aufgabe, die lebensgefährlichen Risiken der Flucht klar zu benennen. "Und wir müssen gemeinsam gegen kriminelle Schlepper-Netzwerke kämpfen."

Zum Auftakt seines Staatsbesuchs wurde Steinmeier in der Hauptstadt Accra mit militärischen Ehren begrüßt. Im Gespräch mit dem ghanaischen Präsidenten Nana Akufo-Addo ging es vor allem um Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und um Perspektiven für die junge Generation. Am Mittwoch will Steinmeier ein neues Migrationsberatungszentrum eröffnen, das junge Ghanaer bei der Aus- und Weiterbildung sowie bei Unternehmensgründungen unterstützt.

Akufo-Addo und Steinmeier kennen sich schon seit zehn Jahren - aus ihrer gemeinsamen Zeit als Außenminister. Der nigeriansche Staatschef hob vor allem die Stärke der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland und das System der dualen Berufsausbildung als beispielhaft hervor. Steinmeier betonte, das Problem der Korruption sei in Ghana gegenüber Nachbarländern "deutlich reduziert". Dennoch gebe es hier noch viel zu tun.

Im Beisein der beiden Staatschefs wurde eine Absichtserklärung für eine Reformpartnerschaft Ghanas mit Deutschland unterzeichnet. Damit soll Ghana bei der Förderung von erneuerbaren Energien, der Energie-Effizienz und der beruflichen Bildung zusätzlich mit insgesamt 100 Millionen Euro unterstützt werden. Beim EU-Afrika-Gipfel hatte die Bundesregierung bereits Reformpartnerschaften mit der Elfenbeinküste und Tunesien unterzeichnet. Ziel ist es, die Rahmenbedingungen für private Investitionen zu verbessern und damit mehr Beschäftigung in Afrika zu schaffen.

In dem Interview sagte Steinmeier, Deutschland habe in den vergangenen Jahren Hunderttausende Flüchtlinge aufgenommen. "Aber wir müssen klar unterscheiden zwischen Flucht vor Krieg und politischer Verfolgung auf der einen Seite und Migration auf der Suche nach einem besseren menschenwürdigen Leben auf der anderen Seite." Europa könne nur wenigen Ghanaern und anderen Afrikanern diese Perspektive geben.

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