Deutschland nimmt Familien auf Syrische Weißhelme über Israel gerettet

Tel Aviv/Berlin · Die syrische Hilfsorganisation Weißhelme hat im Bürgerkrieg mehr als 100.000 Menschen gerettet, jetzt waren ihre Mitarbeiter selbst auf Hilfe angewiesen. Auch Deutschland will nun Flüchtlinge aufnehmen.

 Ein Mitarbeiter der Weißhelme trägt ein Kind nach einem Luftangriff auf eine Schule in Daraa, in der Vertriebene untergebracht sind.

Ein Mitarbeiter der Weißhelme trägt ein Kind nach einem Luftangriff auf eine Schule in Daraa, in der Vertriebene untergebracht sind.

Foto: Syrian Civil Defense White Helmets/Archiv

In einer bisher beispiellosen Rettungsaktion sind Hunderte Mitglieder einer syrischen Zivilorganisation und deren Familien mit Hilfe Israels aus umkämpften Gebiet in Sicherheit gebracht worden.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums teilte am Sonntag über Twitter mit, es handele sich um Mitarbeiter der syrischen Hilfsorganisation Weißhelme. Die jordanische Nachrichtenagentur Petra berichtete zunächst, es seien 800 syrische Zivilisten gerettet worden, Jordanien habe ihre Durchreise genehmigt. Später schrieb Außenminister Ajman Safadi auf Twitter jedoch, dass die Zahl der in Sicherheit gebrachten Menschen 422 betrage.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums nimmt die Bundesrepublik acht Mitarbeiter und deren Familienangehörige als Flüchtlinge auf. Das sagte eine Ministeriumssprecherin der Deutschen Presse-Agentur am Abend. Es sei noch unklar, wie viele Familienmitglieder die acht Weißhelme mit ins Land brächten. Die "Bild"-Zeitung hatte geschrieben, es handele sich um rund 50 Flüchtlinge.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erteilte nach Ministeriumsangaben eine Aufenthaltsgenehmigung. Das heißt, die Syrer müssen nach ihrer Ankunft in Deutschland nicht Asyl beantragen. Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes erlaubt eine Aufnahme aus dem Ausland "aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen". Die Weißhelme bestätigten die Rettung ihrer Mitglieder in einem Tweet. Die Evakuierung sei allein aus humanitären Gründen erfolgt.

Die Evakuierten sollten nach vorübergehendem Aufenthalt binnen drei Monaten von Deutschland, Großbritannien und Kanada aufgenommen werden. Die Betroffenen hätten in der syrischen Zivilverteidigung gearbeitet und seien aus Gebieten geflohen, die syrische Regierungstruppen erobert hätten.

Die israelische Armee teilte mit, die Menschen seien in unmittelbarer Lebensgefahr gewesen. Ihre Rettung in der Nacht zum Sonntag sei auf Anweisung der israelischen Regierung und auf Bitten der USA und mehrerer europäischer Länder erfolgt. "Der Transfer der syrischen Flüchtlinge durch Israel ist eine außergewöhnliche humanitäre Geste", hieß es in der Mitteilung der Armee. "Die Zivilisten sind in ein Nachbarland (Israels) gebracht worden."

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, US-Präsident Donald Trump, der kanadische Premierminister Justin Trudeau und andere hätten ihn persönlich drum gebeten, die Weißhelme zu evakuieren.

Regierungstruppen hatten im Juni im Süden Syriens eine Offensive begonnen und in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Orte übernommen. Viele Menschen flohen in das Gebiet nahe der israelischen Grenzlinie auf den besetzten Golanhöhen. Israel hat in den vergangenen Jahren Tausende verletzter Syrer ärztlich behandelt, ist aber nicht zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit.

"Die Weißhelme haben seit Beginn des Syrien-Konflikts mehr als 100.000 Menschen gerettet", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) der "Bild"-Zeitung. Ihr Einsatz verdiene Bewunderung und jeden Respekt, "und wir haben ihn aus Überzeugung unterstützt".

Mit dem Vormarsch des Regimes drohe vielen Weißhelmen nun Gefahr für Leib und Leben. "Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass viele dieser mutigen Ersthelfer nun Schutz und Zuflucht finden, einige davon auch in Deutschland", so Maas.

Israel und Syrien sind verfeindete Länder. Während des Sechstagekriegs 1967 hatte Israel die syrischen Golanhöhen erobert und später annektiert. Im Syrien-Krieg verfolgt Israel eine Politik der Nichteinmischung. Israels Luftwaffe hat jedoch immer wieder Ziele in Syrien angegriffen. Die Bombardierungen richten sich Beobachtern zufolge gegen iranische Truppen und andere Kräfte, die wie die schiitische Hisbollah von Teheran unterstützt werden.

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