Iran-Krise Teheran und Washington wollen verhandeln

Istanbul · Innerhalb und außerhalb der Golf-Region mehren sich die Stimmen, die in der Iran-Krise für Verhandlungen plädieren. Doch die Vermittler bewegen sich auf dünnem Eis.

Auf den ersten Blick war nichts Besonderes an dem Foto, das in dieser Woche von der iranischen Nachrichtenagentur Irna verbreitet wurde. Zwei Männer sitzen in goldverzierten Sesseln und geben sich die Hand. Doch das Bild aus einem Konferenzzimmer in Teheran war wichtig. Es dokumentierte die ersten direkten Gespräche zwischen dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) über Sicherheitsfragen im Persischen Golf seit sechs Jahren. Der Iran und die VAE stehen in gegnerischen Lagern – dass sie ausgerechnet jetzt wieder den direkten Meinungsaustausch suchen, lässt aufhorchen.

Auch außerhalb der Golf-Region mehren sich die Stimmen, die in der Iran-Krise für Verhandlungen plädieren. Doch es ist nicht einfach, eine gemeinsame Grundlage für Konsultationen zu finden. Der Nahe Osten rückte in den vergangenen Monaten gefährlich nahe an einen Krieg heran. Iranische Angriffe auf Öltanker und amerikanische Truppenverstärkungen am Golf nährten die Befürchtung, dass der Streit zwischen Teheran und Washington um das iranische Atomprogramm und US-Sanktionen in Gewalt umschlagen könnte. Iraner und Amerikaner schossen nach eigenen Angaben militärische Drohnen der jeweils anderen Seite ab.

Inzwischen bemühen sich beide Seiten darum, ihre Gesprächsbereitschaft und die Notwendigkeit einer friedlichen Lösung zu betonen. Der Iran habe noch nie einen Krieg gewonnen, aber bei Verhandlungen noch nie verloren, schrieb US-Präsident Donald Trump auf Twitter. Sein Außenminister Mike Pompeo sagte, er sei zu einer Reise nach Teheran bereit. Irans Präsident Hassan Ruhani erklärte, Verhandlungen seien grundsätzlich möglich. Außenminister Dschawad Sarif schrieb auf Twitter an Trump gerichtet, Diplomatie sei Ausdruck von Klugheit, nicht von Schwäche.

Im Zentrum der Bemühungen steht der französische Präsident Emmanuel Macron. Er hält mit dem iranischen Staatschef Ruhani Kontakt, hat einen guten persönlichen Draht zu Trump und will am 19. August den russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen. Bei den von Frankreich geleiteten Vermittlungsbemühungen europäischer Staaten wie Deutschland und Großbritannien gehe es um Deeskalation, erklärte das französische Präsidialamt. Schon bei einem Treffen europäischer Staaten, Russland und China mit dem Iran am vergangenen Wochenende in Wien hatten die Beteiligten beschlossen, weiter im Gespräch zu bleiben. So lange geredet wird, wird hoffentlich nicht geschossen, lautet die Überlegung dahinter.

Die Gefahr neuer militärischer Spannungen ist allgegenwärtig

Allerdings stehen die Gesprächspartner vor einem großen Problem: Die inhaltlichen Gegensätze zwischen dem Iran und den USA sind so groß wie eh und je. Trump will die Iraner zu weiteren Zugeständnissen in ihrem Atomprogramm und zu einer friedlicheren Außenpolitik im Nahen Osten zwingen. Die Regierung in Teheran lehnt alle Zugeständnisse ab, solange Trumps Sanktionen in Kraft sind – die wiederum nach US-Auffassung das wichtigste Druckmittel sind, um den Iran zu Konzessionen zu bewegen.

Vermittler wie Macron wandeln auf dünnem Eis, denn die Gefahr neuer militärischer Spannungen ist allgegenwärtig. Erst vorige Woche testeten die Iraner wieder einmal Raketen – obwohl das Teheraner Raketenprogramm einer jener Punkte ist, die Europäern und Amerikanern gleichermaßen Sorgen bereiten. Zudem stößt nicht jedes Gesprächsangebot auf Gegenliebe. Irans Außenminister Sarif wies am Mittwoch die Offerte Pompeos zurück, nach Teheran zu reisen. Sarifs Begründung: Die Aussage sei „heuchlerisch“.

Verärgert reagiert der Iran auch auf die geplante westliche Marine-Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Golf, für die sich die USA auch Deutschland als Partner wünschen. Präsident Ruhani nannte das Vorhaben „provokativ“ – der Iran beansprucht selbst eine Wächterrolle über den Tankerverkehr im Golf.

Bisher weiß niemand, wie der Iran und die USA an einen Tisch gebracht werden können und zu welchen Gesprächen sie bereit wären. Macron will zunächst einmal das bestehende Misstrauen überwinden und möglichst viele Akteure wie Putin mit ins Boot bringen. Wie es anschließend weitergehen könnte, ist schwer zu sagen. Im anlaufenden US-Wahlkampf sind von Trump noch weniger substanzielle Zugeständnisse zu erwarten.

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