Nach Protesten Tempelberg-Krise: Israel baut Metalldetektoren wieder ab

Jerusalem · Neue Sicherheitsmaßnahmen nach einem Anschlag am Tempelberg haben den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern gefährlich eskalieren lassen. Jetzt lenkt Israel ein. Doch lässt sich die Lage wieder beruhigen?

 Durch eine Tür mit einem Davidstern ist die Altstadt von Jerusalem mit dem Felsendom zu sehen.

Durch eine Tür mit einem Davidstern ist die Altstadt von Jerusalem mit dem Felsendom zu sehen.

Foto: Oded Balilty

Nach blutigen Unruhen hat Israel die umstrittenen Metalldetektoren an Zugängen zum Tempelberg in Jerusalem wieder entfernt. Polizisten hätten nach einer Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts die Tore abgebaut, bestätigte Polizeisprecher Micky Rosenfeld.

Vorausgegangen waren Proteste der Palästinenser und internationale Vermittlungsbemühungen. Die Palästinenser reagierten zunächst skeptisch. Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif/Edles Heiligtum) in der Altstadt von Jerusalem ist Juden wie Muslimen heilig.

Israelische Medien berichteten, auch neu angebrachte Überwachungskameras an Eingängen zum Tempelberg seien abmontiert worden. Stattdessen sollten künftig andere hochmoderne Überwachungsmethoden eingesetzt werden, teilte die Regierung mit.

Laut Medienberichten soll es sich unter anderem um Kameras zur Gesichtserkennung handeln. Palästinensische Vertreter äußerten allerdings die Sorge, die Kameras könnten etwa verschleierte Frauen bloßstellen. "Die israelische Polizei verwendet keine Art von Kameras, die die Privatsphäre in irgendeiner Weise verletzt, und hat auch nicht die Absicht, solche Kameras in der Zukunft zu verwenden", hieß es in einer Mitteilung der Polizei. Israels Sicherheitskabinett entschied, für die künftigen Sicherheitsmaßnahmen bis zu rund 24 Millionen Euro in den kommenden sechs Monaten bereitzustellen.

Die Palästinenser wollen ihren Boykott des Tempelbergs vorerst aufrechterhalten. Ein Gremium aus muslimischen Repräsentanten in Jerusalem bekräftigten nach einer Dringlichkeitsberatung ihre Forderung nach einer vollständigen Rückkehr zu der Situation vor dem 14. Juli an der heiligen Stätte. An diesem Tag hatten arabische Attentäter zwei israelische Polizisten getötet. Die drei Angreifer wurden erschossen. Israel verschärfte daraufhin die Sicherheitsvorkehrungen.

Die für den Tempelberg zuständige Wakf-Behörde werde überprüfen, ob die Sicherheitsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Stätte tatsächlich abgebaut worden seien, teilte das Gremium am Dienstag mit. Anschließend werde die Wakf einen Bericht vorlegen. Danach wolle man neu entscheiden, ob der Boykott beendet werden könne. Die Wakf ist Teil des Gremiums.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte am Abend, trotz des Kurswechsels der israelischen Seite blieben die Beziehungen vorerst auf Eis. Erst wenn der Zustand am Tempelberg wieder so sei, wie vor zwei Wochen, würden die Gespräche wieder aufgenommen werden, sagte Abbas in Ramallah. "Wenn die Situation in Jerusalem wieder zur Normalität zurückgekehrt ist, werden wir unsere Arbeit im Bezug auf die bilateralen Beziehungen zwischen uns und denen (Israel) fortsetzen."

Der UN-Beauftragte für den Friedensprozess im Nahen Osten, Nikolaj Mladenow, warnte im Konflikt am Tempelberg vor einem "Strudel der Gewalt" zwischen Israelis und Palästinensern. Er drückte seine Unterstützung für die Entscheidung Israels aus, die umstrittenen Metalldetektoren an Zugängen zu der heiligen Stätte in Jerusalem wieder zu entfernen. Auch den geplanten Einsatz anderer Sicherheitsmaßnahmen begrüßte Mladenow am Dienstag in New York.

"Täuschen wir uns nicht: Während die Ereignisse in Jerusalem auf einer Fläche von ein paar Hundert Quadratmetern stattfinden mögen - in der Altstadt -, betreffen sie hunderte Millionen Menschen rund um die Welt", sagte Mladenow.

Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Juden ist der Ort ebenfalls heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde. Die Klagemauer ist ein Rest dieser Tempelanlage.

Die Palästinenser lehnen jegliche Änderung des Status quo an der heiligen Stätte ab, das heißt, sie beharren auf einen freien Zugang zu ihren Gebetsstätten auf dem Tempelberg ohne zusätzliche Kontrollen und Überwachung.

Die Aufstellung der Metalldetektoren hatte Palästinenser und Teile der muslimischen Welt in Wut versetzt und Unruhen ausgelöst, bei denen vier Palästinenser getötet wurden. Bei einem Anschlag wurden danach drei Mitglieder einer israelischen Siedlerfamilie von einem Palästinenser getötet.

Der jordanische König Abdullah II. hatte Netanjahu am Montag gedrängt, die Detektoren abzubauen und so die Krise zu beenden. Ebenfalls am Montag war ein bei einem tödlichen Zwischenfall auf dem Gelände der israelischen Botschaft in Amman verletzter Wachmann nach Israel zurückgekehrt.

Ein jordanischer Arbeiter hatte den Wachmann am Sonntag in einer Wohnanlage neben der Botschaft mit einem Schraubenzieher angegriffen und verletzt. Der Israeli hatte daraufhin nach israelischen Angaben in Selbstverteidigung den Angreifer erschossen und auch den unbeteiligten jordanischen Vermieter versehentlich tödlich verletzt. Der Vorfall hat die Beziehungen zwischen Israel und Jordanien stark belastet.

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