Kommentar zu den Flüchtlingen Tod im Meer

Meinung | Brüssel · Gegen die sich abzeichnende neue Fluchtwelle über das Mittelmeer kann die EU derzeit wenig ausrichten. Zu instabil sind die nordafrikanischen Staaten, um sich gegen den Transit der Flüchtlinge wehren zu können.

 Dem Tod entronnen: Einige der 108 Zuwanderer, die von der Hilfsorganisation SOS Mittelmeer von einem halb gesunkenen Schlauchboot geborgen wurden, gehen im Hafen von Lampedusa an Land.

Dem Tod entronnen: Einige der 108 Zuwanderer, die von der Hilfsorganisation SOS Mittelmeer von einem halb gesunkenen Schlauchboot geborgen wurden, gehen im Hafen von Lampedusa an Land.

Foto: dpa

Auch wenn die Zahl der Freunde des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in der EU überschaubar sein dürfte – die Außenminister der Union würden sich wünschen, einen derart starken Ansprechpartner auch in den nordafrikanischen Ländern zu haben. So bleibt der Versuch, die erkennbar anrollende neue Fluchtwelle über Libyen zu stoppen, darauf beschränkt, sich der Seenotrettung Schiffbrüchiger zu widmen. Für einen umfassenderen Einsatz hat Europa kein Mandat und wird auch auf mittlere Sicht keines bekommen.

Zu instabil ist die neue Einheitsregierung in Tripolis, als dass sie ausländischer Marine Operationen in den eigenen Hoheitsgewässern erlauben könnte. Das Ergebnis ist eine Verlagerung der Schlepper von der Türkei nach Nordafrika. Seit Tagen nimmt die Zahl der Flüchtlingsboote zu – und zugleich beginnt das Sterben in den Fluten von Neuem. Den Regierungen und ihren Außenministern bleiben die Hände gebunden, wollen sie die fragile Lage nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Und so tun sie das, was sie tun können: Man bietet Tripolis politische Hilfe beim Aufbau des Staates an, damit dieser das bekommt, was die Türkei hat: eine starke Führung.

Doch genau dieses „türkische Problem“ begegnet der Union überall in Nordafrika. Ob Ägypten, Tunesien, Marokko oder Libyen – überall sitzen entweder militärische Machthaber und bestenfalls instabile Regierungen, die nicht die Autorität haben, sich gegen den Transit der Flüchtlinge zu wehren. Und diese Rechtlosigkeit nutzen die Menschenhändler.

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