Trump will Getreuen auf Posten Top-Geheimdienstler Dan Coats tritt ab

Washington · Donald Trump und sein Geheimdienstkoordinator Dan Coats lagen öffentlich oft über Kreuz - etwa was Russland angeht. Nun geht Coats. Trump hat schon einen Nachfolger auserkoren - einen Mann, der kürzlich einen bemerkenswerten Auftritt hatte.

Als der Sonderermittler Robert Mueller vergangene Woche in einem holzgetäfelten Parlamentssaal saß, um sich von Abgeordneten befragen zu lassen, gehörte John Ratcliffe zu denen, die ihm am heftigsten zusetzten.

Wieso er 180 Berichtsseiten darauf verwendet habe, potenzielle Straftaten zu schildern, wenn er doch nie die Absicht hatte, den Präsidenten wegen Justizbehinderung anzuklagen, wollte er wissen. Fair sei das nicht, denn auch für einen Präsidenten gelte die Unschuldsvermutung, solange nicht das Gegenteil bewiesen sei, rügte der Republikaner aus Texas. Was da noch kein Außenstehender wusste: Mit seinem aggressiven Auftritt hatte der aufstrebende Hinterbänkler so etwas wie eine Prüfung bestanden. Im Weißen Haus schaute Trump am Fernseher zu. Wenige Tage zuvor hatte er Ratcliffe das Amt des Geheimdienstkoordinators angeboten, doch bevor er die Personalie perfekt machte, wollte er sehen, wie sich der Aspirant im Angesicht Muellers schlug. Der Präsident, berichten US-Medien unter Berufung auf Insider, soll sehr zufrieden gewesen sein.

In den Augen Trumps gilt bedingungslose Loyalität, weit vor fachlicher Qualifikation, als Voraussetzung, um ins Kabinett aufzurücken. Umso mehr gilt das für einen, der die Arbeit der 16 amerikanischen Geheimdienste zu koordinieren hat, die Arbeit von Diensten, deren Analyse sich bisher bisweilen deutlich unterschied von dem, wie der Staatschef bestimmte Konfliktherde einschätzte. Ratcliffe, 53, soll die Schlapphüte offenbar politisch auf Linie bringen. Zwar hatte der Jurist früher Anklage gegen Terrorverdächtige erhoben, zur „Intelligence Community“ gehörte er jedoch nie. In Trumps Weltsicht gehört er damit nicht zu jenen alten Seilschaften, die ihrem Idol angeblich pausenlos Hindernisse in den Weg zu stellen versuchen.

Ratcliffe wird Trump nicht öffentlich widersprechen

Bevor er 2014 mit Rückendeckung der Tea Party erstmals ins Repräsentantenhaus gewählt wurde, war Ratcliffe Bürgermeister von Heath, einer texanischen Kleinstadt, sowie Bundesstaatsanwalt gewesen. Auf seiner Website prahlt er damit, dass er an einem einzigen Tag 300 illegal Eingewanderte festnehmen ließ. Bei einem Loyalisten wie ihm kann Trump sicher sein, dass er ihm vor laufenden Kameras nicht widerspricht.

Letzteres war Dan Coats zum Verhängnis geworden, dem bisherigen Director of National Intelligence. Einst Kongressabgeordneter, Senator und Botschafter in Deutschland: Mit ihm geht der letzte Stratege von Rang, der im inneren Zirkel der Macht das alte republikanische Establishment vertrat. Als Trump an der Pennsylvania Avenue Nr. 1600 einzog, hatte die alte Garde noch gehofft, ihn einhegen zu können. Gestandene Experten sollten dazu beitragen, den Parolen des Wahlkampfes eine traditionell konservative Außenpolitik folgen zu lassen. Zentrale Figur war James Mattis, ein vorsichtiger Viersternegeneral, auf den die Nato-Verbündeten große Stücke hielten und der einen zweifelnden Präsidenten vom Sinn der Allianz überzeugen sollte. Der zweite, Ex-Ölmanager Rex Tillerson, war ein Außenminister interessenorientierter Realpolitik. Der dritte, der General Herbert Raymond McMaster, warnte als Sicherheitsberater vor riskanten Alleingängen.

Mit Mattis‘ Entlassung im vorigen Dezember war sie de facto gestorben, die Illusion, der Nationalist im Oval Office könnte sich nach und nach eines Besseren belehren lassen. Wenn nun auch Coats geht, wird sie nur noch eine ferne Erinnerung sein.

Der scheidende Geheimdienstkoordinator stand sowohl für ein Festhalten am transatlantischen Bündnis als auch für eine ausgeprägte Skepsis gegenüber dem Russland Wladimir Putins. Und während Trump in guten persönlichen Kontakten zum nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un eine Garantie für den Erfolg der Atomverhandlungen mit Pjöngjang sieht, klang es bei Coats deutlich nüchterner. Es sei unwahrscheinlich, dass Nordkorea seine Nuklearwaffen komplett verschrotte, fasste er es vor sechs Monaten im Senat zusammen, wo er die regelmäßig fällige Gefahrenanalyse der Geheimdienste erläuterte. Dem Iran bescheinigte er hingegen, sich auch nach dem Ausstieg der USA an das Atomabkommen zu halten – wohlgemerkt, Monate bevor sich Teheran seinerseits von den Abmachungen zu distanzieren begann. Zuletzt, schreibt die „Washington Post“, soll Coats nur noch frustriert gewesen sein, weil ihm die Verbündeten fehlten.

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